Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,
Sie besitzen ein schon etwas angestaubtes Mikroskop, es verfügt über keinen Extratubus um eine Spiegelreflex-Kamera anzusetzen, und Sie möchten Mikrofotos im polarisierten Licht aufnehmen. Die Modifikationen am Mikroskop selber wurde im vorigen Blogbeitag ausführlich beschrieben. Hier jetzt die Adaption der Kamera mit relativ einfachen Mitteln an ein so vorbereitetes Mikroskop:
Wenn, wie bei alten Mikroskopen üblich, das Scharfstellen über den Mikroskop-Tubus erfolgt, kann die Kamera nicht fest mit dem Tubus verbunden werden, sie würde durch ihr Gewicht auf den Tubus drücken und das Scharfstellen unmöglich machen. Zusätzlich würde es durch die Spiegelbewegungen zu Bewegungsunschärfen kommen. Die Kamera muß also an einem Stativ befestigt, und flexibel mit dem Mikroskop verbunden werden. Es gibt verschiedene Möglichkeiten: Eine sehr elegante Lösung bietet das Stativ eines alten Vergrößerungsapparates.
Hier wurde die Kamera über einen Kugelkopf am Stativ befestigt. Durch Kugelkopf und Wasserwaage kann die Kamera leicht exakt ausgerichtet werden. Über den Tubus des Mikroskops stülpt man einen Kunststoffschlauch aus dem Baumarkt, der mit verschiedenen Durchmessern für weniger als einem Euro angeboten wird. Er wird normalerweise zur Isolierung von Wasserleitungen verwendet. Der hier gezeigte Schlauch hat folgende Maße: Innendurchmesser 3 cm Außendurchmesser 5 cm. Der Schlauch soll ca. 5 mm über dem Tubus mit Okular überstehen.
Für die hier gezeigte Kameraadaption wird nur das Kameragehäuse ohne Objektiv benötigt. Als Objektiv dient das Okular des Mikroskops, das sich daher auch im Tubus befinden muß.
Benötigt wird jetzt noch ein Polarisationsfilter und die Verbindung zur Kamera. Ein preiswerter Adapter kann folgendermaßen aussehen:
Für alle gängigen Spiegelreflex-Kameras gibt es im Internet T2-Ringe. Diese besitzen objektivseitig immer ein M42-Gewinde und kameraseitig das Bajonett des jeweiligen Kameratyps. Für Nikon kostet der Ring ca. 20 EURO (Stand 2014). Auf den T2-Ring wurde ein alter M-42 Zwischenring geschraubt und darauf ein lineares Polarisationsfilter (M55) mit Zweikomponentenkleber geklebt. (Polarisationsfilter mit M-42 Gewinde sind im Handel kaum zu bekommen). Fertig ist der Adapter.
(Um keine Verwirrung zu erzeugen: Auf dem Foto, „Adaption einer Spiegelreflex-Kamera“ das die ganze Adaption an das Mikroskop zeigt, fehlt der T2-Ring, da das alte Praktika-Kameragehäuse selber ein M-42 Gewinde besitzt und man somit den Adapter ohne T2-Ring direkt auf das Kameragehäuse schrauben kann). Der M-42 Zwischenring ist an sich nicht notwendig, aber sehr praktisch. Da wie erwähnt alle T2-Ringe objektivseitig ein M-42 Gewinde besitzen, braucht man beim Wechsel der Kameramarke nur den T2-Ring zu tauschen. Das Polarisationsfilter kann auch ein Zirkularpolarisationsfilter sein, dann aber aufpassen daß es mit der richtigen Seite aufgeklebt wird!
Diesen Adapter setzt man an das Kameragehäuse an. Verwendet man das Stativ eines Vergrößerungsapparates, kann man jetzt die Kamera herunterfahren, bis das Polarisationsfilter gerade auf dem Schlauch aufliegt. Vorher sollte man schon ohne Kamera scharf stellen. Durch den Kamerasucher oder per Live-View kann die Schärfe durch Hoch- oder Runterfahren des Tubus kontrolliert werden. Gegebenenfalls muss das Kameragehäuse etwas nachgeführt werden. Das Polarisationsfilter soll auf jeden Fall auf dem Schaumstoffschlauch aufliegen. Da der Schlauch sehr weich ist, kann er beim Scharfstellen ruhig ein wenig zusammengedrückt werden.
Der Adapter wurde mit einer Spiegelreflex-Kamera (Nikon D 300s) an 2 Mikroskopen erprobt. Beide Mikroskope besaßen die nach der internationalen Norm DIN ISO 9345 – 1 vorgeschriebene Tubuslänge von 16 cm. Darauf sollte man beim Kauf eines gebrauchten Mikroskops achten.
An Stelle des Stativs eines Vergrößerungsapparates kann man auch ein Fotostativ mit Mittelsäule verwenden und diese umdrehen. Das Nachführen der Kamera ist dann etwas umständlich, funktioniert sonst aber gut.
Hier ein paar Beispiele, die mit dem obigen Mikroskop und einem Nikon D300s-Gehäuse aufgenommen wurden:
Obwohl das Mikroskop und das Material für Umbau und Adaption, zusammen weniger als 200 EURO gekostet haben, erhält man doch sehr scharfe Fotos. Das Mikroskop ist ca. 35 Jahre alt und mechanisch und optisch in einem sehr gute Zustand. Wahrscheilich wurde es früher als Labormikroskop für professionelle Zwecke verwendet. Keinesfalls soll im Übrigen hier Billigmikroskopen das Wort geredet werden. Gute Instrumente sind leider nicht billig. Wer erst einmal der Mikroskopie verfallen ist, und über die notwendigen Mittel verfügt, wird früher oder später bei einem trinokularen Mikroskop eines namhaften Herstellers landen, da diese Mikroskope viel bequemer zu handhaben sind. Außerdem sind sie vielseitig ausbaubar und können so steigenden Ansprüchen des Mikroskopikers angepaßt werden und ihn ein Leben lang begleiten.
Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.
Wie man mit verschiedenen Zuckern großartige Mikrokristalle züchten kann, und warum dafür etwas Geduld notwendig ist, wird das Thema des nächsten Blogbeitrags sein.
Bis dahin eine schöne Zeit.
H-D-S