Ibuprofen aus einer Tablette isolieren

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

Ibuprofen ist der Wirkstoff zahlreicher Schmerzmittel. Auch Ibuprofen besitzt ein asymmetrisches Kohlenstoffatom und ist somit optisch aktiv. Nur die rechtsdrehende Verbindung ist physiologisch wirksam. Daran erkennt man, wie bedeutend die räumliche Struktur einer chemischen Verbindung in der Natur ist.

Ibuprofen

Das asymmetrische Kohlenstoffatom ist mit dem * gekennzeichnet

In Tabletten liegt Ibuprofen als Racemat vor und kann leicht isoliert werden. Der Wirkstoff ist gut löslich in kaltem Spiritus, die übrigen Tablettenbestandteile aber nicht. Darauf beruht die folgenden Prozedur zur Isolierung des Wirkstoffes:

Man zerstößt eine Tablette in einem Mörser zu einem feinen Pulver. Alternativ kann man die Tablette auch zwischen Papier legen und mit einem Hammer vorsichtig fein zerklopfen. In einem 50 ml Becherglas wird das Pulver mit 5ml Spiritus gut verrührt. Die unlöslichen Bestandteile müssen abfiltriert werden. Als Filterpapier kann man ein gewöhnliches Kaffeefilter verwenden, aus dem man kreisrunde Filter schneidet, Durchmesser ca. 5 cm (passen dann zu einem Filtertrichter mit Durchmesser ca. 4 cm oberer Rand). Das Filter wird 2 mal gefaltet. Die so entstandene Filtertüte in den Trichter setzen und mit Spiritus anfeuchten, damit die Tüte gut am Trichter anliegt. Jetzt in ein zweites Becherglas filtrieren. Man läßt die Flüssigkeit am Rande eines Glasstabs oder eines Kaffeelöffels in den Trichter laufen, dabei aufpassen, daß das Filter nicht bis zum Rand gefüllt wird. Sollte das Filtrat nicht ganz klar sein, nochmals durch das gleiche Filter filtrieren. Man benötigt etwas Geduld.

Von dem jetzt weitgehend klaren Filtrat einen Tropfen auf einen Objektträger geben und an einem staubfreien Ort eintrocknen lassen. Die Kristallisation setzt meist, aber leider nicht immer, schnell ein. Manchmal erhält man nur einen öligen Belag wenn der Spiritus verdunstet ist. Oft sind die Kristalle völlig unspektakulär, wie das folgende Bild zeigt:

Ibuprofen aus alkoholischer Lösung

Ibuprofen aus Spiritus kristallisiert

In solchen Fällen, oder wenn keine schönen Mikrokristalle entstanden sind, 1 ml dest. Wasser in das Becherglas mit der Ibuprofen-Lösung geben, beim Rühren verschwindet die anfängliche Trübung. Diese Lösung an einem staubfreien Ort stehenlassen. Der Spiritus beginnt langsam zu verdunsten und da Ibuprofen in Wasser unlöslich ist, bilden sich langsam sehr schöne Kristalle. Wenn die Flüssigkeit weitgehend verdunstet ist, die Kristalle auf ein Stück Filterpapier ausbreiten und trocknen. Dann in ein Glas oder eine kleine Plastiktüte füllen. Diese Ibuprofen-Kristalle kann man für weitere Versuche sehr gut verwenden.

Man kann z.B. einige Kristalle auf einen Objektträger geben und einen Tropfen Isopropanol zufügen. (Isopropanol ist in vielen Fällen besser geeignet als Spiritus, man bekommt ihn in der Apotheke). Die Kristalle lösen sich und während das Lösungsmittel verdunstet entstehen neue Mikrokristalle. Dauer ca. eine Stunde. Das folgenden Bild ist so entstanden:

Ibuprofen

Ibuprofen, kristallisiert aus Isopropanol

Nicht immer erhält man sofort schöne Mikrokristalle. Oft muß man mit dem Lösungsmittel oder mit Lösungsmittel/Wasser-Mischungen experimentieren um ansprechende Mikrokristalle zu erhalten. Darin liegt aber auch ein besonderer Reiz.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. Gegenstand des nächsten Beitrags ist ein Star unter den Mikrokristallen, das Vitamin C.

Bis dahin eine gute Zeit.

H-D-S

Optische Aktivität am Beispiel der Weinsäure

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle.

Für die bunten Farben, die wir beim Betrachten der Mikrokristalle im polarisierten Licht sehen, spielt die optische Aktivität bestimmter chemischer Stoffe eine gewisse aber nicht entscheidende Rolle. Viele optisch aktive Verbindungen, wie die Weinsäure, ergeben sehr schöne, farbige Kristalle unter dem Mikroskop im polarisierten Licht.

Wenn man Licht durch ein Polarisationsfilter fallen läßt, erhält man linear polarisiertes Licht, also Licht, das nur in einer Ebene schwingt. Fällt dieses polarisierte Licht durch bestimmte chemische Verbindungen, z.B. durch eine Lösung von Weinsäure, so vermag diese, die Schwingungsebene zu drehen. Manche chemische Verbindungen drehen die Ebene nach links, andere drehen sie nach rechts. Stoffe, die diese Eigenschaft besitzen, nennt man optisch aktiv.

Gemeinsames Merkmal optisch aktiver chemischer Verbindungen ist die Chiralität, zu deutsch, Händigkeit. Betrachtet man rechte und linke Hand, so gleichen sie einander, sind aber nicht identisch. Sie verhalten sich wie Bild und Spiegelbild und können durch Drehung nicht zur Deckung gebracht werden. Manche chemische Verbindungen zeigen bei räumlicher Betrachtung ein ähnliches Verhalten.

Befinden sich an einem Kohlenstoffatom eines Moleküls vier verschiedene Liganden (= Atome oder Atomgruppen) und man betrachtet es als Raummodell, bei dem die Liganden an den Ecken eines Tetraeders sitzen, in dessen Mitte das Kohlenstoffatom angeordnet ist, so gibt es von einem derartigen Modell ebenfalls zwei Formen, die sich wie Bild und Spiegelbild verhalten. Man nennt sie optische Antipoden. Das Kohlenstoffatom an dem die vier unterschiedlichen Atome oder Atomgruppen sitzen, heißt asymmetrisches Kohlenstoffatom Alle chemischen Verbindungen die mindestens ein asymmetrisches Kohlenstoffatom besitzen, sind optisch aktiv. Von ihnen existiert immer ein linksdrehendes und ein rechtsdrehendes Molekül.

Chemische Verbindungen können auch mehrere asymmetrische Kohlenstoffatome besitzen. Hierzu gehört die Weinsäure. Im folgenden Bild sind die asymmetrischen Kohlenstoffatome mit Sternchen gekennzeichnet:

Weinsäure. Die mit Sternchen gekennzeichneten C-Atome sind asymmetrisch, da sie 4 verschiedene Liganden besitzen.

Weinsäure. Die mit Sternchen gekennzeichneten C-Atome sind asymmetrisch, da sie 4 verschiedene Liganden besitzen.

Jedes der beiden mit dem Stern gekennzeichneten Kohlenstoffatome besitzt 4 unterschiedliche Liganden (= Atome oder Atomgruppen).

Die Nomenklatur zweier Optischer Antipoden erfolgt auf Grund ihrer optischen Aktivität: Dem gleichen Grundnamen werden die Zeichen (+) für für die rechts- und (-) für die linksdrehende Verbindung vorangesetzt, so daß Namen wie (+)-Weinsäure und (-)-Weinsäure entstehen. Früher wurden wurden  die Präfixe D- (von lat. dexter = rechts) und L- (von lat. laevum = links) verwendet. Heute werden diese Präfixe aber zur Kennzeichnung der absoluten Konfiguration der Verbindungen, vorwiegend in der Biochemie benutzt. Ein neueres System ist die R-S-Nomenklatur. Mit absoluter Konfiguration ist die exakte räumliche Anordnung der Liganden gemeint. Darauf kann hier nicht näher eingegangen werden. Nur soviel: Die rechtsdrehende Weinsäure wird  nach der D,L-Nomenklatur zu D(+)-Weinsäure, entsprechend die linksdrehende zu L(-)-Weinsäure. Besitzt eine chemische Verbindung den Typus der D-Weinsäure, erhält auch sie das Präfix D. Beispiel:  D(-)-Milchsäure. Diese Milchsäure ist also linksdrehend und entspricht dem Typus (räumliche Anordnung) der D-Weinsäure.

Da Weinsäure 2 chirale (= asymmetrische) Zentren besitzt, existiert neben den beiden vorgenannten Weinsäuren noch eine weitere Variante, bei der das eine chirale Zentrum rechtsdrehend, das andere linksdrehende ist. Die Drehungen heben sich gegenseitig auf, so daß diese Weinsäure, die Mesoweinsäure genannt wird, nicht optisch aktiv ist.

Bei gleichen Teilen an linksdrehender und rechtsdrehender Weinsäure hebt sich die optische Aktivität ebenfalls auf. Solche Mischungen werden Racemat genannt. Bei der Weinsäure nennt man die Mischung Traubensäure.

Weinsäure die man in der Apotheke kauft ist meist das Racemat, also Traubensäure.

Die optische Aktivität chemischer Verbindungen spielt in biochemischen Vorgängen eine außerordentliche Rolle. Ein bekanntes Mittel gegen Kopfschmerzen ist der Wirkstoff Ibuprofen. Dieser Wirkstoff liegt in vielen Tabletten als Racemat vor. Nur der rechtsdrehende Teil des Medikaments ist wirksam  gegen Kopfschmerzen, der linksdrehende hingegen nicht.

Mit Ibuprofen kann man interessante Mikrokristalle züchten.

Das liebe Freunde der Mikrokristalle wird das Thema meines nächsten Beitrags sein.

Bis dahin eine gute Zeit.

H-D-S

Mikrokristalle aus Weinsäure

Hallo Freunde der Mikrokristalle,

Mikrokristalle aus Weinsäure ergeben sehr schöne Bilder. Weinsäure kann man ohne Probleme in fast jeder Apotheke für wenig Geld kaufen. 10 Gramm reichen für viele Experimente. Man kann folgendermaßen vorgehen:

In ein kleines 50 ml Becherglas werden

1/4 Teelöffel Weinsäure gegeben und durch Zufügen von ca.

5 ml  Brennspiritus unter Rühren gelöst. Bei groben Kristallen kann der Lösungsvorgang durch Erwärmen im Wasserbad beschleunigt werden.

Von der Lösung gibt man

1 Tropfen z.B. mit einem Glasstab oder einer Pipette auf einen sauberen Objektträger.

Den Objektträger (ohne Deckglas) stellt man an einen staubfreien Ort, z.B. in eine durchsichtige Plastikschachtel oder man formt aus Papier ein kleines Dach und stellt ihn darunter. Die Kristallisation beginnt ziemlich spontan. Man wartet ca. eine Stunde und betrachtet dann das Ergebnis unter dem Mikroskop.

Hier kurz eingefügt einige Stichworte für Anfänger in der Mikroskopie, die ein Schülermikroskop benutzen:

Auf oder unter dem Objekttisch muß eine Polarisationsfilterfolie angebracht sein. Ein zweites Polarisationsfilter muß sich vor dem Okular befinden. Man kann einfach ein Stück Polarisationsfilterfolie auf das Okular legen.

Man benötigt eine Lichtquelle, modernere Schülermikroskope haben bereits eine eingebaute Beleuchtung. Sonst kann man Tageslicht oder eine gewöhnliche Schreibtischlampe verwenden und über Einstellung des Spiegels das Licht durch das Objekt lenken. LEDs sind ungeeignet.

Den Objekttisch herunterfahren und den Objektträger mittels Klemmen auf dem Objekttisch fixieren. Am Objektivrevolver die kleinste Vergrößerung wählen. Ganz wichtig: Jetzt vorsichtig den Objekttisch hochfahren soweit es geht, dabei darf das Objektiv aber keinesfalls den Objektträger mit den Kristallen berühren! Dann das Licht einschalten oder mittels Spiegelverstellung das Licht so lenken, daß es gleichmäßig durch das Objekt fällt. Jetzt den Objekttisch langsam herunterfahren, bis das Bild scharf ist. Dann das obere Polarisationsfilter so drehen, daß der Hintergrund des Bildes schwarz erscheint.

Wenn man Glück hat, sieht man bei 50 – 100 facher Vergrößerung wunderschöne farbige Kristalle. Das Resultat kann aber auch sehr enttäuschend sein! Statt farbiger Kristalle sieht man nur eine graue Masse kleiner Kristalle.

Das folgende Foto zeigt ein Beispiel:

Weinsäure aus Spiritus kristallisiert

Weinsäure aus Spiritus kristallisiert

Die gleiche Lösung wurde mit ca.
5 ml destilliertem Wasser verdünnt. Erneut wurde ein Tropfen ohne Deckglas auf einen Objektträger gegeben und an einen staubfreien Ort gestellt. Nach Stehen über Nacht war jetzt das folgende Bild entstanden:

Weinsäure

Weinsäure aus Wasser/Spiritus 1:1 kristallisiert

Wie man sieht, es ist ein völlig anderes Bild. Die Parameter Lösungsmittel, Konzentration und Temperatur haben einen sehr starken Einfluß auf die Kristallisation. Verwendet man reinen Spiritus als Lösungsmittel, verteilt sich ein Tropfen sehr breit auf dem Objektträger. Umgekehrt, reines Wasser verteilt sich praktisch garnicht. Daher ist oft, aber keinesfalls immer, eine Mischung aus destilliertem Wasser und Spiritus günstiger, als die Verwendung reiner Lösungsmittel. Aber man muß natürlich zunächst ermitteln, worin ein Stoff überhaupt löslich ist. Informationen darüber findet man z.B. bei Wikipedia.

Es gibt noch eine ganz andere Methode, schöne Mikrokristalle zu erhalten. Das ist das Kristallisieren aus der Schmelze. Hierzu eignet sich Weinsäure aber nur bedingt, weil sie sich beim Erhitzen chemisch verändert. Man muß also behutsam vorgehen:

Auf einen Objektträger werden einige Kristalle Weinsäure gegeben. Etwa 5 -10 kleine Kristalle reichen vollkommen. Diese werden mit einem Deckglas abgedeckt. Den Objektträger auf einer Herdplatte bei niedrigster Stufe erwärmen. Sobald die Weinsäure geschmolzen ist, den Objektträger sofort von der Platte nehmen. Manche Stoffe kristallisieren beim Abkühlen spontan, Weinsäure meist nicht. Manchmal muß man mehrere Tage warten, bis sich, meist vom Rand her, Kristalle bilden. Die sind aber oft spektakulär. Hier ein Beispiel:

Weinsäure

Weinsäure kristallisiert aus einer Schmelze

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. Für chemisch interessierte gibt es im nächsten Beitrag Informationen über optische Aktivität und über die verschiedenen Strukturen der Weinsäure.

Bis dahin eine Gute Zeit.

H-D-S

Woher bekommt man Chemikalien für Mikrokristalle und wie geht man damit um ?

Der Umgang mit Chemikalien erfordert höchste Sorgfalt und Vorsicht. Die Ratschläge und Hinweise des Autors erfolgen nach bestem Wissen. Dennoch übernimmt der Autor in keinem Fall für die Richtigkeit der Angaben, Hinweise und Ratschläge irgendeine Haftung!

Die Beschaffung von Chemikalien, auch in kleinen Mengen, ist vom Gesetzgeber, aus guten Gründen,  erheblich eingeschränkt worden. Der Chemikalienhandel verkauft heute nur noch an Selbständige, die einen Sachkundenachweis erbringen können, chemische Produkte.

Zum Glück gibt es schon in der Küche Substanzen wie Haushaltszucker und Traubenzucker, die für die Mikrokristallisation geeignet sind. In kleinen Mengen bekommt man auch in der Apotheke Substanzen wie Weinsäure, Zitronensäure und Vitamin C, die alle ganz hervorragende Kristalle bilden. (Man benötigt nicht mehr als jeweils 10 Gramm). Aus manchen Medikamenten wie z.B. Aspirin kann man mit recht einfachen Mitteln den Wirkstoff isolieren und fantastische Fotos damit machen.

Zwei Lösungsmittel werden benötigt, Wasser und Ethanol.

Leitungswasser ist völlig ungeeignet. In Drogeriemärkten und Apotheken erhält man für wenig Geld destilliertes Wasser. Destilliertes Wasser ist frei von Salzen, die den Kristallisationsprozess stören würden.

Ethanol ist die chemische Bezeichnung für Brennspiritus. Den bekommt man in Lebensmittelmärkten und Drogerieketten, ebenfalls für wenig Geld. Brennspiritus ist eine leicht entzündliche, brennbare Flüssigkeit, die bei 78 Grad Celsius siedet.

Mit Brennspiritus darf niemals in der Nähe von offenem Feuer gearbeitet werden. Er darf auch unter keinen Umständen mit offener Flamme wie einer Kerze oder Ähnlichem erwärmt werden. Das ist absolut verboten!

Flüssigkeiten dürfen nur in feuerfesten Glasgefäßen erwärmt werden, sonst besteht die Gefahr daß sie beim Erhitzen springen.

Wenn man Flüssigkeiten, auch Wasser, erhitzt, unbedingt Schutzbrille tragen und die Flüssigkeit ständig mit einem Glasstab oder Ähnlichem umrühren, da es beim Erhitzen zu sogenannten Siedeverzügen kommen kann. Die Flüssigkeit verdampft dabei schlagartig und spritzt im hohen Bogen zum Gefäß heraus, das passiert meist kurz vor Siedebeginn!

Gute Praxis ist es, Flüssigkeiten im Wasserbad zu erhitzen. Man füllt in einen Topf Wasser, stellt das zu erhitzende Gefäß in das Wasserbad und erwärmt den Topf  auf nichtoffener Flamme. Das funktioniert sehr gut, man sollte garnicht anders arbeiten.

Wenn auch keine giftigen Chemikalien zum Einsatzt kommen, Sauberkeit beim Arbeiten ist oberstes Gebot, besonders wenn man in der Küche tätig ist. Spiritus ist, weil steuerlich begünstigt, denaturiert. Man hat dem Spiritus in sehr geringer Menge einen Stoff zugesetzt, der extrem bitter schmeckt. Panscht man mit Spiritus in der Küche herum, kann das sehr unangenehme Folgen haben.

Was man an Gerätschaften benötigt, zeigt das folgende Bild:

Zubehör zum Züchten von Mikrokristallen

Zubehör zum Züchten von Mikrokristallen

Man benötigt 1 – 3 kleine Bechergläser zu 50 ml (Milliliter = qcm), 1 Glastrichter, (Durchmesser ca. 3-5 cm) 1 -3 Glasstäbe ca. 15 cm lang, 1 Pipette, 1 Spatel oder kleinen Löffel, Objektträger, Deckgläser.

Man bekommt all diese Dinge preiswert u.a. bei Amazon.

Nicht nur für Schüler: Es ist gute Praxis, über jeden Kristallisationsversuch ein Protokoll zu schreiben. Man sollte sich auch für die Fotos ein System der Aufbewahrung ausdenken. Im digitalen Zeitalter sind schnell eine Fülle von Fotos gemacht und schon bald kann man sie ohne Protokoll und systematischer Aufbewahrung nicht mehr zuordnen.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle, im nächsten Beitrag ist Weinsäure die erste Substanz für herrlich farbige und formenreiche Mikrofotos.

Bis dahin eine gute Zeit.

H-D-S

„Umbau“ eines Schülermikroskops zum Polarisationsmikroskop

Hallo liebe Freunde der Mikrokristall-Fotografie.

Um Mikrokristalle so zu fotografieren, daß sie in prächtigen Farben erscheinen, benötigt man polarisiertes Licht.

Licht kann man sich als wellenförmige Schwingungen vorstellen. Diese Lichtwellen können horizontal oder vertikal oder in jeder anderen Ebene schwingen. Die folgende, etwas sehr simple Skizze soll das verdeutlichen. Sie zeigt eine horizontal und eine vertikal schwingende Welle, stellvertretend für das ganze Schwingungsspektrum:

Die rechts skizzierten Gitter sollen Polarisationsfilter darstellen. Polarisationsfilter lassen nur Licht einer Schwingungsebene passieren. Das obere Filter läßt nur den horizontal schwingenden Anteil des Lichts durch. Alle nicht horizontal schwingenden Lichtwellen werden zurückgehalten.

Im unteren Filter ist es umgekehrt. Hier werden nur die vertikal schwingenden Anteile des Lichts durchgelassen. Das untere Polarisationsfilter ist aber das gleiche Filter wie das obere, es ist nur um 90 Grad gedreht.

Packt man beide Filter zu einem Sandwich zusammen und zwar in den Durchlassebenen wie oben skizziert, wird alles Licht zurückgehalten. Dreht man dann das unteren Filter um 90 Grad, so daß seine Linien auch horizontal verlaufen, geht wieder horizontal schwingendes Licht durch die beiden Filter.

Die folgenden Fotos zeigen den Effekt. In den Fotos sind 2 Polarisationsfilter übereinander gelegt. Das untere ist eine Polarisationsfilter-Folie, das obere ein Polarisationsfilter für Fotoobjektive.

Im folgenden Bild sind die Filter so gedreht, daß sie Licht einer Schwingungsebene durchlassen:

_DSC6146_k

Lichtwellen einer Schwingungsebene passieren die beiden Filter

Dreht man eines der Filter um 90 Grad, das entspricht der Situation in der Skizze, kann kein Licht mehr die Filter passieren. Hier wurde das untere Filter gedreht:

Unteres Polarisationsfilter um 90 Grad gedreht, es passiert kein Licht mehr die Filter

Läßt man Licht durch ein Polarisationsfilter fallen, erzeugt man polarisiertes Licht, also Licht, das nur in einer Schwingungsebene schwingt. Es gibt chemische Substanzen, die in der Lage sind, die Ebene des polarisierten Lichts zu drehen. Bringt man solche Substanzen z. B. als Mikrokristalle zwischen 2 gekreuzte Polarisationsfilter, so werder sie vor schwarzem Hintergrund sichtbar. Durch sehr komplexe Vorgänge wie Doppelbrechung und  Interferenzerscheinungen entstehen zusätzlich prächtigen Farben.

Das Schülermikroskop muß also mit 2 Polarisationsfiltern ausgerüstet werden. Eine Polarisationsfilterfolie, (findet man im Internet, meist als 10×10 cm Folie, kostet ca. 15 Euro Stand 2015), wird entweder unter oder falls das nicht geht, auf den Objekttisch geklebt. Dieses Polarisationsfilter nennt man den Polarisator.

Polarisationsfilterfolie als Polarisator

Das zweite Polarisationsfilter, der Analysator, muß drehbar in der Nähe des Okulars angebracht werden. Hier zwei Varianten:

Ein passendes, drehbares Polarisationsfilter wird zwischen Kamera und Adapter geschraubt:

Adapter mit passendem Polarisationsfilter als Analysator

Das ist die teure Variante, aber es geht natürlich auch mit dem Schamstoffschlauch. Man klebt entweder ein passendes Polarisationsfilter oder Polarisationsfilterfolie auf den Schlauch. Man kann dann den ganzen Schlauch mit dem Analysator drehen. Für manche Digitalkameras gibt es aber auch passende aufschraubbare Filter, die sollten aber auch drehbar sein. Die schraubt man an das Kameraobjektiv und verbindet sie mit dem Schaumstoffschlauch wie früher beschrieben.

Polarisationsfilter auf Schaumstoffschlauch kleben

Polarisationsfilter auf Schaumstoffschlauch kleben

Es gibt sogenannte „Lineare Polarisationsfilter“ und „Zirkular-Polarisationsfilter“. Beide sind geeignet, Zirkular-Polarisationsfiltern müssen aber seitenrichtig eingesetzt werden. Man kann das testen, indem man beide Filter übereinander legt, sie ins Licht hält und eines der Filter dreht. Sind sie korrekt angeordnet sperren die Filter beim Drehen das Licht.

Als Beleuchtung eignen sich Tageslicht und Glühlampen. Leds sind ungeeignet.

So, liebe Frreunde der Mikrokristall-Fotografie, fototechnisch ist jetzt alles weitgehend geklärt. Im nächsten Beitrag geht es in die Küche zum Züchten der ersten Mikrokristalle.

Bis dahin eine schöne Zeit.

H-D-S