Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,
meist ist uns gar nicht bewußt, wie gering die Tiefenschärfe unserer Augen ist.
Schauen Sie mal auf Ihren Daumen in ca. 30 cm Abstand. Der ist scharf, aber rundherum ist alles völlig unscharf. Schauen Sie dann auf den Hintergrund, so stellen sich Ihre Augen blitzschnell darauf ein, er ist dann scharf und Ihr Daumen wird unscharf.
In der Fotografie ist Unschärfe durchaus ein wichtiges Gestaltungselement. Bei einem Portrait zum Beispiel, wählt man gerne bewußt einen unscharfen Hintergrund, um die Aufmerksamkeit des Betrachters ganz auf die abgebildete Person zu lenken.
Bei dem Blick durch das Okular unseres Mikroskops stellen wir, beinahe unbewußt, mit dem Scharfeinstellknopf den Bereich scharf, der uns gerade interessiert. Ist die Mitte scharf, und der Rand unscharf, müssen wir nur wenig am Feintrieb drehen, und schon wird der Rand scharf. Beim Mikroskopieren stört das kaum.
Bei einem Mikrofoto, das zum Rand hin unscharf wird, wirkt die Unschärfe störend. Es gibt natürlich Mikroskope, ausgerüstet mit Planachromaten, die diese Randunschärfen nicht zeigen. Sie sind aber ziemlich teuer.
Neben der Randunschärfe, zurückzuführen auf die Eigenschaften des optischen Systems, kann die Tiefenschärfe ein Grund für partielle Unschärfe sein. Insbesondere wenn man Mikrokristalle auf dem Objektträger ohne Deckglas züchtet, übersteigt die Schichtdicke des Objekts manchmal erheblich die Tiefenschärfe. Dann werden die Aufnahmen nicht durchgehend scharf.
In beiden Fällen kann ein sehr behutsam eingesetztes „Stacking“ helfen. Wir kennen das Stacking aus der Makrofotografie. Reicht die Tiefenschärfe nicht aus, um einen Gegenstand vollständig scharf abzubilden, fertigt man mehrere Aufnahmen mit unterschiedlichem Fokus an. Mit einer speziellen Software werden die Aufnahmen dann zusammengesetzt. Dabei verwendet die Software nur die jeweils scharfen Bereiche der Aufnahmen. Die so entstandene Aufnahme ist über den gesamten Bereich scharf.
Bei den 3 folgenden Aufnahmen erfolgte die Kristallisation auf dem Objektträger unter einem Deckglas. Die Schichttdicke ist also sehr gering. Die Ursache der Randschärfe liegt im optischen System, nicht in der zu geringen Tiefenschärfe.
Die erste Aufnahme wurde auf die Mitte scharf gestellt. Zu den Rändern hin, fällt die Schärfe deutlich ab.
In der nächsten Aufnahme wurde auf den Rand scharf gestellt, die Mitte ist unscharf.
Beide Bilder wurden mit der Stacking Software Helicon Focus zusammengesetzt:
Im folgenden Beispiel wurde die Mikrokristallisation auf einem Objektträger ohne Deckglas durchgeführt, die Tiefenschärfe reichte nicht aus, um das gesamte Objekt scharf abzubilden. Auch hier wurden 2 Aufnahmen angefertigt:
Nach dem Zusammensetzen der beiden Bilder mit der Software Helicon Focus:
Man sollte das Stacking bei der Durchlicht-Mikroskopie aber nicht übertreiben. Durchfährt man ein Objekt in sehr kleinen Schritten und setzt diese Aufnahmen dann zusammen, kann man manchmal auch ein weniger überzeugendes Ergebnis erhalten, wie das folgende Beispiel zeigt. Das Foto ist aus 20 Einzelaufnahmen zusammengesetzt:
Die beste Einzelaufnahme:
Helico Focus ist wohl das Standardprogramm für das Stacking. Es ist nicht ganz billig. 2011 hat die Downloadversion 126 Euro gekostet. Es gibt aber auch kostenlose Programme im Internet, wie z.B. Combine ZP.
Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.
Im nächsten Blogbeitrag werden wir uns keine Kopfschmerzen über die Schärfe unserer Bilder machen müssen. Paracetamol, ein Kopfschmerzmittel mit einem für unsere Zwecke interessanten Wirkstoff wird das Thema sein.
Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.
H-D-S