Mikrokristalle fotografieren mit der Lochkamera.

Hallo, liebe Freunde der Mikrokristalle,

kann man Mikrokristalle wirklich mit einer Lochkamera fotografieren?

Ich habe es ausprobiert und tatsächlich, es funktioniert. Natürlich darf man keine Wunder hinsichtlich der Schärfe erwarten.

Wer eine Spiegelreflexkamera oder eine der neuen spiegellosen Kameras sein Eigen nennt, muss auch keinen besonderen Aufwand betreiben.

In der Literatur wird empfohlen und das ist auch der einfachste Weg, als „Objektiv“ einen Kameradeckel zu verwenden. Man bohrt darin mittig ein ca. 5 mm großes Loch. In ein Stück Aluminium-Folie, ca. 1 x 1 cm, wird mit einer Stecknadel ein kleines Loch gebohrt. Die Folie klebt man auf den Kameradeckel. Mit dem Deckel wird das Kameragehäuse verschlossen. Fertig ist die Lochkamera. Das funktioniert prima. Es sollten dabei einige Dinge beachtet werden:

Größe und die Güte des Lochs in der Folie sind entscheidend für die Qualität der Fotos.

Betrachten wir zunächst die Lochgröße. Es ist wie mit der Blende beim Fotoapparat:  Eine große Blendenöffnung bringt viel Licht aber verminderte Schärfe.  Schließt man die Blende zu weit, so nimmt die Schärfe auch wieder ab. Letzteres liegt an der Beugung der Lichtwellen am Rand der Blende. In einem früheren Beitrag habe ich das Phänomen der Beugung besprochen. https://mikrokristalle.com/2017/03/30/beugung-von-lichtwellen/

Trifft Licht auf ein Hindernis, z.B. eine Lochblende, wird es an den Rändern abgelenkt. Je kleiner das Loch ist, umso größer ist der Anteil des abgelenkten Lichts, was zu verstärkter Unschärfe führt.

Somit müssen wir einen Kompromiss finden zwischen Lichtstärke und Schärfe. Für die optimale Lochgröße spielt die Brennweite der Lochkamera, der Aufnahmeabstand und die Wellenlänge des Lichts eine Rolle. Die Brennweite ist bei der Lochkamera der Abstand zwischen Lochblende und Kamerasensor.

Mit der folgenden Gleichung kann man den optimalen Lochdurchmesser berechnen:

1/a + 1/b = 2,56 x λ / d2

b = Brennweite (Kamera-Sensor bis Bajonett)

a = Aufnahmeabstand

d = Lochdurchmesser

λ = Wellenlänge

Umgeformt nach d:

d = √ ( 2,56 x λ ) / ( 1/a + 1/b)

Als Wellenlänge kann man einen mittleren Wert von 560 nm einsetzen.

Bei meiner Kamera (Sony Alpha 7) beträgt der Abstand vom Kameradeckel zum Sensor ca. 2 cm. (An der Kamera befindet sich eine Markierung für den Sensor).

Aufnahmeabstand ca.10 cm

Damit beträgt der optimale Lochdurchmesser unter diesen Bedingungen:

d =√ (2,56 x 560 x 10-9 m) / (1/0,1 m + 1/ 0,02 m)

= 0,309 mm

Kommen wir nun zur Güte des Lochs. Hier kann uns unser Mikroskop sehr helfen. Sticht man ein Loch mit einer Stecknadel in eine dünne Alufolie und betrachtet man es unter dem Mikroskop, so sieht es meist ziemlich unschön aus. Es ist weder rund, noch hat es einigermaßen glatte Ränder. Solche Löcher geben keine guten Aufnahmen. Verwendet man eine weiche Unterlage, z.B. ein Radiergummi, werden die Löcher besser. Zum Runden muss man fast immer vorsichtig nacharbeiten. Das ist etwas mühsam.

An Stelle einer Alufolie habe ich dünne schwarze Pappe verwendet und mit der Spitze eines Zirkels ein Loch gestochen, Unterlage Holz.

Hier eine Mikroaufnahme des Lochs:

Mit Zirkelspitze gestochenes Loch in dünner Pappe.

Mit Zirkelspitze gestochenes Loch in dünner Pappe.

Es ist auch nicht vollkommen, aber doch ganz brauchbar. Auch sind die Ränder nur wenig ausgefranst.

Den Lochdurchmesser habe ich folgendermaßen grob bestimmt. Bei gleicher Vergrößerung habe ich eine Aufnahme eines transparenten Lineals angefertigt.

Transparentes Lineal.

Man sieht den Abstand zwischen 2 Millimeterstrichen. Am Bildschirm habe ich Lochdurchmesser und den mittleren Abstand der beiden Linien gemessen.

Daraus errechnet sich ein Lochdurchmesser von ca. 0,3 mm. Also (rein zufällig) der optimale Wert.

Die Pappscheibe mit dem tollen Loch habe ich aber nicht auf einen Kameradeckel, sondern auf eine Rolle mit schwarzem Klebeband geklebt. Diese Rolle passte zufällig genau in die Fassung meines Balgengeräts. Hier ein Foto:

Balgengerät mit „Lochkameraobjektiv“.

Die Pappscheibe mit dem Loch befindet sich zwischen Rolle und Balgenfassung.

Balgengerät mit "Lochobjektiv".

Balgengerät mit „Lochobjektiv“.

Zusammen mit dem Balgengerät haben wir jetzt ein „Lochkamera-Zoomobjektiv“.

Die folgenden Bilder von Adipinsäure wurden mit diesem Equipment aufgenommen:

Adipinsäure (Kürzester Balgenauszug).

Adipinsäure (Kürzester Balgenauszug).

 

Adipinsäure (Mittlerer Balgenauszug),

Adipinsäure (Mittlerer Balgenauszug),

 

Adipinsäure ( Längster Balgenauszug).

Adipinsäure ( Längster Balgenauszug).

Die Belichtungszeiten lagen bei ca. 30 Sekunden bei ISO 200 -600.

Die Adipinsäureschmelze befand sich zwischen 2 Objektträgern mit 2 gekreuzten Polfiltern. Als Lichtquelle diente eine Taschenlampe. Einzelheiten findet man in meinem Blogbeitrag

Fotografieren farbiger Mikrokristalle im polarisierten Licht ohne Mikroskop

Bedenkt man, dass hier ohne Linsen fotografiert wurde, so ist das Resultat doch sehr beachtlich. Man muss bei Beurteilung der Schärfe auch bedenken, dass die Bilder auf einen Sensor 24 x 36 mm aufgenommen wurden, und somit stark vergrößert sind. Es sind ja noch Sommerferien, vielleicht regt es den einen oder anderen meiner jungen Leser zum Experimentieren an.

 

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle,

ich wünsche fröhliches Experimentieren und eine gute Zeit.

 

H-D-S