Mikrokristalle fotografieren mit der Lochkamera.

Hallo, liebe Freunde der Mikrokristalle,

kann man Mikrokristalle wirklich mit einer Lochkamera fotografieren?

Ich habe es ausprobiert und tatsächlich, es funktioniert. Natürlich darf man keine Wunder hinsichtlich der Schärfe erwarten.

Wer eine Spiegelreflexkamera oder eine der neuen spiegellosen Kameras sein Eigen nennt, muss auch keinen besonderen Aufwand betreiben.

In der Literatur wird empfohlen und das ist auch der einfachste Weg, als „Objektiv“ einen Kameradeckel zu verwenden. Man bohrt darin mittig ein ca. 5 mm großes Loch. In ein Stück Aluminium-Folie, ca. 1 x 1 cm, wird mit einer Stecknadel ein kleines Loch gebohrt. Die Folie klebt man auf den Kameradeckel. Mit dem Deckel wird das Kameragehäuse verschlossen. Fertig ist die Lochkamera. Das funktioniert prima. Es sollten dabei einige Dinge beachtet werden:

Größe und die Güte des Lochs in der Folie sind entscheidend für die Qualität der Fotos.

Betrachten wir zunächst die Lochgröße. Es ist wie mit der Blende beim Fotoapparat:  Eine große Blendenöffnung bringt viel Licht aber verminderte Schärfe.  Schließt man die Blende zu weit, so nimmt die Schärfe auch wieder ab. Letzteres liegt an der Beugung der Lichtwellen am Rand der Blende. In einem früheren Beitrag habe ich das Phänomen der Beugung besprochen. https://mikrokristalle.com/2017/03/30/beugung-von-lichtwellen/

Trifft Licht auf ein Hindernis, z.B. eine Lochblende, wird es an den Rändern abgelenkt. Je kleiner das Loch ist, umso größer ist der Anteil des abgelenkten Lichts, was zu verstärkter Unschärfe führt.

Somit müssen wir einen Kompromiss finden zwischen Lichtstärke und Schärfe. Für die optimale Lochgröße spielt die Brennweite der Lochkamera, der Aufnahmeabstand und die Wellenlänge des Lichts eine Rolle. Die Brennweite ist bei der Lochkamera der Abstand zwischen Lochblende und Kamerasensor.

Mit der folgenden Gleichung kann man den optimalen Lochdurchmesser berechnen:

1/a + 1/b = 2,56 x λ / d2

b = Brennweite (Kamera-Sensor bis Bajonett)

a = Aufnahmeabstand

d = Lochdurchmesser

λ = Wellenlänge

Umgeformt nach d:

d = √ ( 2,56 x λ ) / ( 1/a + 1/b)

Als Wellenlänge kann man einen mittleren Wert von 560 nm einsetzen.

Bei meiner Kamera (Sony Alpha 7) beträgt der Abstand vom Kameradeckel zum Sensor ca. 2 cm. (An der Kamera befindet sich eine Markierung für den Sensor).

Aufnahmeabstand ca.10 cm

Damit beträgt der optimale Lochdurchmesser unter diesen Bedingungen:

d =√ (2,56 x 560 x 10-9 m) / (1/0,1 m + 1/ 0,02 m)

= 0,309 mm

Kommen wir nun zur Güte des Lochs. Hier kann uns unser Mikroskop sehr helfen. Sticht man ein Loch mit einer Stecknadel in eine dünne Alufolie und betrachtet man es unter dem Mikroskop, so sieht es meist ziemlich unschön aus. Es ist weder rund, noch hat es einigermaßen glatte Ränder. Solche Löcher geben keine guten Aufnahmen. Verwendet man eine weiche Unterlage, z.B. ein Radiergummi, werden die Löcher besser. Zum Runden muss man fast immer vorsichtig nacharbeiten. Das ist etwas mühsam.

An Stelle einer Alufolie habe ich dünne schwarze Pappe verwendet und mit der Spitze eines Zirkels ein Loch gestochen, Unterlage Holz.

Hier eine Mikroaufnahme des Lochs:

Mit Zirkelspitze gestochenes Loch in dünner Pappe.

Mit Zirkelspitze gestochenes Loch in dünner Pappe.

Es ist auch nicht vollkommen, aber doch ganz brauchbar. Auch sind die Ränder nur wenig ausgefranst.

Den Lochdurchmesser habe ich folgendermaßen grob bestimmt. Bei gleicher Vergrößerung habe ich eine Aufnahme eines transparenten Lineals angefertigt.

Transparentes Lineal.

Man sieht den Abstand zwischen 2 Millimeterstrichen. Am Bildschirm habe ich Lochdurchmesser und den mittleren Abstand der beiden Linien gemessen.

Daraus errechnet sich ein Lochdurchmesser von ca. 0,3 mm. Also (rein zufällig) der optimale Wert.

Die Pappscheibe mit dem tollen Loch habe ich aber nicht auf einen Kameradeckel, sondern auf eine Rolle mit schwarzem Klebeband geklebt. Diese Rolle passte zufällig genau in die Fassung meines Balgengeräts. Hier ein Foto:

Balgengerät mit „Lochkameraobjektiv“.

Die Pappscheibe mit dem Loch befindet sich zwischen Rolle und Balgenfassung.

Balgengerät mit "Lochobjektiv".

Balgengerät mit „Lochobjektiv“.

Zusammen mit dem Balgengerät haben wir jetzt ein „Lochkamera-Zoomobjektiv“.

Die folgenden Bilder von Adipinsäure wurden mit diesem Equipment aufgenommen:

Adipinsäure (Kürzester Balgenauszug).

Adipinsäure (Kürzester Balgenauszug).

 

Adipinsäure (Mittlerer Balgenauszug),

Adipinsäure (Mittlerer Balgenauszug),

 

Adipinsäure ( Längster Balgenauszug).

Adipinsäure ( Längster Balgenauszug).

Die Belichtungszeiten lagen bei ca. 30 Sekunden bei ISO 200 -600.

Die Adipinsäureschmelze befand sich zwischen 2 Objektträgern mit 2 gekreuzten Polfiltern. Als Lichtquelle diente eine Taschenlampe. Einzelheiten findet man in meinem Blogbeitrag

Fotografieren farbiger Mikrokristalle im polarisierten Licht ohne Mikroskop

Bedenkt man, dass hier ohne Linsen fotografiert wurde, so ist das Resultat doch sehr beachtlich. Man muss bei Beurteilung der Schärfe auch bedenken, dass die Bilder auf einen Sensor 24 x 36 mm aufgenommen wurden, und somit stark vergrößert sind. Es sind ja noch Sommerferien, vielleicht regt es den einen oder anderen meiner jungen Leser zum Experimentieren an.

 

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle,

ich wünsche fröhliches Experimentieren und eine gute Zeit.

 

H-D-S

 

 

 

 

 

 

 

 

Mikrokristalle im polarisierten Licht, fotografiert mit einem Weitwinkelobjektiv in Retrostellung.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

was tun, wenn man noch kein Mikroskop besitzt, aber Mikrokristalle im polarisierten Licht fotografieren möchte?

Wir kehren unser Objektiv um und machen es so zu einem Objektiv, geeignet für hochwertige Nahaufnahmen. Dafür benötigen wir einen Umkehrring. Den bekommt man für ca. 10 EURO z.B. bei Amazon für alle gängigen Objektive und Kameras. Zusätzlich benötigen wir eine Spiegelreflexkamera oder eine der neuen spiegellosen Kameras bei denen man das Objektiv wechseln kann. Glücklich kann sich schätzen, wer noch ein altes Objektiv mit Blenden- und Entfernungseinstellung am Objektiv besitzt. Gut geeignet für unsere Zwecke sind Weitwinkel-Objektive.

Ich habe ein altes Zeiss-Distagon 28 mm gewählt. Bei diesem Objektiv beträgt der Gewindedurchmesser für Filter  59 mm.  Als Kamera diente eine Sony Alpha 7. Das ist eine spiegellose Kamera, an die sich sehr gut in die Jahre gekommene Objektive adaptieren lassen. Somit benötigte ich einen Umkehrring mit Gewindeduchmesser 59 mm, zum Anschluss an das Objektiv und Sony E-Mount Bajonett als Verbindung zur Kamera.  Der Umkehrring wird wie eine Gegenlichtblende vorne auf das Objektiv geschraubt.

Jetzt kann man das Objektiv mit der Frontlinse zur Kamera ansetzen.

Zeiss-Distagon in Retrostellung an Sony Alpha 7

Bei dieser Anordnung werden keinerlei Daten zwischen Kamera und Objektiv übertragen. Sowohl Blende, als auch Schärfe müssen manuell eingestellt werden. An der Kamera habe ich die ISO-Zahl auf 200 eingestellt und dazu die passende  Belichtungszeit manuell gewählt. Mit dem Umkehrring wurde ein Abbildungsmaßstab von 1:1 erzielt.

Auf einem Objektträger wurden einige Kristalle von Adipinsäure verteilt und mit einem zweiten Objektträger abgedeckt. Die Säure wurde vorsichtig auf einer Herdplatte aufgeschmolzen. Adipinsäure schmilzt bei 151 Grad Celsius. Beim Abkühlen trat spontan Kristallisation ein. Zwischen 2 gekreuzten Polarisationsfiltern und mit einer Taschenlampe im Durchlicht beleuchtet, wurde die Probe fotografiert. (Eine genaue Beschreibung der Vorgehensweise siehe: https://mikrokristalle.com/2019/03/12/fotografieren-farbiger-mikrokristalle-im-polarisierten-licht-ohne-mikroskop/

Hier das Ergebnis:

Adipinsäure-Kristalle, fotografiert im polarisierten Licht mit einem Distagon 28 mm in Retrostellung.

Wenn man, das gilt für alle Fotos auf diesem Blog, Bilder vergrößert ansehen will, bitte drauf klicken. Nochmaliges Klicken vergrößert noch stärker. Zurück geht es mit dem Pfeil oben links.

 

Eigentlich wollte ich das Thema „Fotografieren von Mikrokristallen ohne Mikroskop“ hier abschließen. Aber da kam mir noch der Gedanke, die Sache auf die Spitze zu treiben. In meinem nächsten Beitrag fotografiere ich Mikrokristalle im polarisierten Licht ohne Mikroskop und ohne Objektiv oder sonstige Linsen.

Wie das gehen kann, liebe Freunde der Mikrokristalle, beschreibe ich in meinem nächsten Blogbeitrag.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit und fröhliches Experimentieren.

H-D-S

Mikrokristalle im polarisierten Licht fotografieren mit einem Makroobjektiv

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

in meinem letzten Blogbeitrag habe ich Kristalle im polarisierten Licht mit Hilfe eines 50 mm Normalobjektivs an einem Balgengerät fotografiert.
Man kann natürlich auch an Stelle eines Balgengerätes Zwischenringe benutzen. Die sind, wenn sie ohne Übertragung von Daten arbeiten, sehr preiswert.

Egal welches Objektiv wir mit Zwischenringen oder Balgengerät kombinieren. Für die Tauglichkeit ist der Abbildungsmaßstab von Bedeutung. Er beschreibt, um welchen Faktor ein Gegenstand vergrößert wird. Dabei bezieht er sich auf das Bild auf dem Sensor oder auf dem Film. Um ihn zu ermitteln muss man also die Maße des Sensors unbedingt kennen. So besitzt ein Vollformat-Sensor eine Höhe von 24 mm und eine Breite von 36 mm. Er hat also die gleichen Maße wie ein Kleinbildfilm.

Definiert wird der Abbildungsmaßstab als der Quotient aus Bildgröße (auf dem Sensor) und Gegenstandsgröße.

Abbildungsmaßstab = Bildgröße / Gegenstandsgröße

β = B / G

Es ist sehr nützlich, den Abbildungsmaßstab selber zu ermitteln. Das geht sehr einfach.

Ein Beispiel mit einer Sony Alpha 7 (Vollformat) mit 2 Zwischenringen 10 mm + 16 mm und Makroobjektiv ( Brennweite 60 mm + Adapter) soll die Sache erläutern.

Bestimmung des Abbildungsmaßstabes.

Das Objektiv wird auf die kürzeste Entfernung eingestellt. Fotografiert wird ein Zollstock oder ein anderes Zentimetermaß. Nach dem Scharfstellen wird die Länge des abgebildeten Zollstocks im Sucher abgelesen. Hier sind es, wie man sieht, 23 mm.  Somit beträgt die Gegenstandsgröße  G = 23 mm. Der Gegenstand füllt die Breite des Suchers und somit auch des Sensors voll aus. Also beträgt die Bildgröße 36 mm (Breite des Vollformat_Sensors).

β = B / G = 36 mm / 23 mm

Zähler und Nenner durch 23 dividiert ergibt:

β = 1,56 / 1

Gewöhnlich schreibt man, der Abbildungsmaßstab beträgt 1,56 : 1.  Der Zollstock wird also um das 1,56 fache vergrößert.

Ist der Abbildungsmaßstab bekannt, kann man z. B. schnell abschätzen, wie groß ein Gegenstand sein darf, um ihn noch bildfüllend abzulichten zu können.

Oder umgekehrt, hat man z.B. einen Käfer bildfüllend fotografiert, kann durch Umstellen der Gleichung die wahre Größe des Käfers berechnet werden:

G = B / β.

Mit der hier beschriebenen Makroeinrichtung habe ich eine Aufnahme von Salicylsäure gemacht. Die Säure bekommt man beim freundlichen Apotheker. Früher wurde Salicylsäure wegen ihrer antimikrobiellen Eigenschaften auch zur Konservierung von Lebensmitteln verwendet, das ist aber inzwischen verboten. In der Kosmetik und Medizin findet sie aber Verwendung. Salicylsäure ist Ausgangsstoff für zahlreiche bedeutende chemische Verbindungen. Am bekanntesten ist wohl die Acetylsalicylsäure, besser bekannt als Aspirin. Besonders in amerikanischen Kaugummisorten findet man als Geschmacksstoff Wintergrünöl. Das ist ein Salicylsäuremethylester.

Für das Foto habe ich einige Körnchen Salicylsäure auf einem Objektträger zum Schmelzen gebracht und mit einem zweiten Objektträger abgedeckt, damit sich die Schmelze gut verteilt. Puristen unter den Mikroskopikern werden jetzt die Nase rümpfen. Eigentlich muss man ein Deckgläschen zum Abdecken nehmen, denn gute mikroskopische Objektive sind so korrigiert, dass auch das Deckgläschen einbezogen ist. Wir wollen es hier aber mal nicht so genau nehmen, wir fotografieren hier ja auch nicht durch ein Mikroskop. Wenn man es sehr genau nimmt, muss man bei der Ermittlung des Abbildungsmaßstabes beachten, dass Sucherbild und Sensorbild nicht immer zu 100 % übereinstimmen. Eventuelle Abweichungen findet man im Bedienungshandbuch.

Den bzw. die Objektträger habe ich wie im letzten Beitrag beschrieben zwischen 2 Polarisationsfilter gelegt und mit einer Taschenlampe im Durchlicht bei abgedunkeltem Raum beleuchtet.

Jetzt aber endlich das Foto:

Salicylsäure-Schmelze

Ein Objektträger hat eine Breite von ca. 2,6 cm. Verteilt man die Schmelze auf eine Länge von 3,6 cm, kann man bildfüllend mit einem Objektiv fotografieren, das einen Abbildungsmaßstab von 1 : 1 erreicht. Kein Problem für Makroobjektive.

Aber auch mit einem Weitwinkelobjektiv in Retrostellung kann man diesen Abbildungsmaßstab erreichen, wie wir in meinem nächsten Blogbeitrag sehen werden.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. Das Thema schließe ich in meinem nächsten Beitrag mit Fotos ab, die mit einem 28 mm Weitwinkelobjektiv und einem Umkehrring aufgenommen wurden.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

 

 

 

Fotografieren farbiger Mikrokristalle im polarisierten Licht ohne Mikroskop

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle.

Angeregt durch eine sehr nette Leserin meines Blogs, möchte ich heute zeigen, wie man wunderschöne, farbige Kristallfotos auch ohne Mikroskop erzeugen kann.

Was benötigen wir? Eine Spiegelreflexkamera oder eine der neuen spiegellosen Systemkameras, idealerweise mit einem Objektiv f. 50 mm bezogen auf Kleinbildformat. Ev. einen Adapter,ein Balgengerät, 2 Polarisationsfilter und eine Lichtquelle.

Hier gleich ein Foto des Aufbaus:

Farbige Kristalle fotografieren im polarisierten Licht.

Farbige Kristalle fotografieren im polarisierten Licht.

Das Kameragehäuse, einer Sony Alpha 7 (Vollformatkamera), habe ich mittels eines Adapters (Sony E-Mount auf m42) mit einem Balgengerät verbunden. Als Objektiv wurde ein 50 mm Domiplan  der Firma Meyer Optik Görlitz verwendet. Nicht die Kamera, sondern das Balgengerät am Stativ befestigen. Ich verwende dazu einen Kugelkopf, er ist auf den Fotos nicht zu sehen. Stativ,Balgengerät und Objektiv sind über 50 Jahre alt. Zwischen 2 Polarisationsfiltern befindet sich der Objektträger mit den Mikrokristallen. Als Lichtquelle diente eine Taschenlampe. Um das Licht etwas zu dämpfen habe ich eine milchige Plastikschachtel zwischen Filtern und Lampe eingefügt. Das Kameragehäuse wurde mit einer Wasserwaage, aufgesteckt auf dem Blitzschuh, ausgerichtet.

Einige wichtige Dinge sind zu beachten:

Verwendet man Zirkularpolarisationsfilter, so müssen sie von der richtigen Seite verwendet werden.

Die Lichtquelle darf keine LED-Lampe sein, weil diese Lampen nur ein sehr enges Lichtwellenspektrum besitzen, man würde keine farbigen Bilder erhalten!

Die Aufnahme muss im abgedunkelten Raum erfolgen.  Zuviel nichtpolarisiertes Nebenlicht schadet dem Polarisationseffekt.

Bei mir sah die Sache dann so aus:

 

Aufnahme im abgedunkelten Raum

Aufnahme im abgedunkelten Raum

 

Das Resultat zeigen die beiden folgenden Aufnahmen:

Schwefelkristalle aus einer Schmelze im polarisierten Lich

Schwefelkristalle aus einer Schmelze,fotografiert im polarisierten Licht

 

Adipinsäure

Adipinsäurekristalle fotografiert im polarisierten Licht

Das alte Balgengerät überträgt natürlich keinerlei Objektiv-Werte an die Kamera. Daher habe ich die Kamera auf manuell gestellt. Sowohl die Blende, also auch die Schärfe wurden von Hand am Objektiv eingestellt. (Mit dem Hoch- und Runterfahren der gesamten Apparatur, und/oder der Variation der Balgenlänge, zunächst grob scharfstellen, dann am Objektiv die Feineinstellung vornehmen). An der Kamera habe ich die Einstellung der ISO-Werte auf automatisch gesetzt und dann die Zeit an der Kamera so gewählt, dass der ISO-Wert 1600 ASA nicht überschritt, um Rauschen zu vermeiden. (Stellt man den ISO-Wert auf automatisch, kann man Blende und Zeit fast beliebig wählen, die Kamera regelt dann die Belichtung über den ISO-Wert. Man muss nur aufpassen, dass der Wert wegen Rauschen nicht zu groß wird). Die Sony A7 hat einen elektronischen Sucher, das Scharfstellen war kein Problem.

Es ist doch interessant und beachtlich, wie gut uralte Gerätschaften mit hochmoderner Technik zusammenarbeiten. Ganz nebenbei: An der Sony Alpha 7 verwende ich mit einem Novoflex Adapter mit großem Spaß meine alten Contax/Yashica-Objektive von Zeiss. Mit diesen alten Objektiven zu fotografieren, ist ein richtiges Vergnügen. Es entschleunigt das Fotografieren gewaltig. Wie schon oft erwähnt, wenn ich Markennamen nenne erfolgt das nicht, weil ich ein Honorar dafür bekomme. Ich bin zum Glück völlig unabhängig in meinem Urteil.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen ein paar Anregungen geben. Für meine jungen Leser: Schaut doch mal bei Opa auf den Speicher, vielleicht entdeckt ihr dort ein paar noch ungehobene fotografische Schätze. Und dann gib es ja auch noch eBay.

Soviel für heute liebe Freunde der Mikrokristalle,

ich wünsche eine gute Zeit und viel Spaß beim Experimentieren.

H-D-S

Tolle Kristalle mit Benzoesäure

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

in meinem letzten Beitrag habe ich den kleinen Trick mit dem Tesafilm unter dem Objektträger beschrieben.
Den kann man auch gut bei der Benzoesäure anwenden. Diese gut aus Wasser oder Spiritus kristallisierende Substanz bildet eindrucksvolle Kristalle, die aber nicht farbig sind. Hier hilft der Trick mit dem Tesafilm.

Benzoesäure bekommt man beim freundlichen Apotheker. Sagt ihm genau, was ihr mit der Benzoesäure vorhabt, dann wird er vielleicht ein paar Gramm herausrücken.

Hier zunächst die Formel:

Benzoesäure

Benzoesäure

Wegen seiner antimikrobiellen Eigenschaften wird die Substanz in der Lebensmittel-Industrie und  bei Kosmetika zur Konservierung eingesetzt.

Hier nun eine Aufnahmen der Benzoesäure mit und ohne Tesastreifen. Das Lösungsmittel war Isopropanol.

Benzoesäure ohne Tesaband

Benzoesäure ohne Tesaband

 

Benzoesäure mit Tesaband

Benzoesäure mit Tesaband

Bei der folgenden Aufnahme zeige ich nur das Resultat mit Tesaband:

 

Benzoesäure mit Tesafolie

Benzoesäure mit Tesaband

Bei der Benzoesäure treten Kristallstrukturen stärker als Farben in den Vordergrund, wie besonders die letzte Aufnahme zeigt. Das nächste Foto ist ein weiteres eindrucksvolles Beispiel dafür. Die Aufnahme hatte es vor 2 Jahren auf die Titelseite der Fotocommunity geschafft.  Sie wurde im polarisierten Licht ohne Tesaband aufgenommen.

Benzoesäure ohne Tesaband

Benzoesäure ohne Tesaband

Für die Fotos habe ich ein „Noname“-Klebeband verwendet. Kunststofffolien müssen „gestreckt“ werden, damit sie sich für unsere Zwecke eignen.

Im Prinzip funktioniert fast jede gestreckte, transparente Kunststofffolie. Was passiert beim Strecken und wie wirkt sich das aus?  Kunststofffolien bestehen aus langkettigen Polymermolekülen. Wenn man sie streckt, werden Molekülketten, die sonst eher ungerichtet kneulförmig  angeordnet sind, bis zu einem gewissen Grad parallel ausgerichtet. Fällt polarisiertes Licht durch eine ungestreckte Folie, wird es beim Auftreffen auf die Polymermoleküle abgebremst. Da diese Moleküle ungerichtet sind, ist es egal, unter welchem Winkel das Licht auf die Folie trifft, es wird unabhängig vom Eintrittswinkel gleichmäßig abgebremst. Sind die Polymermoleküle durch die Streckung aber in eine parallele Anordnung gebracht, so kann man sich vorstellen, dass es jetzt in Bezug auf die Abbremsung nicht mehr egal ist, unter welchem Winkel das polarisierte Licht auf die Polymermoleküle trifft. Es wird daher beim Durchtritt in Abhängigkeit vom Eintrittswinkel unterschiedlich abgebremst, was eine Phasenverschiebung der Lichtwellen bewirkt. Im Ergebnis kommt es durch die Phasenverschiebung der Lichtwellen zu Interferenzen. Diese sind ausschlaggebend für die Farbwirkung.Wer sich genauer für die physikalischen Hintergründe interessiert:  In meinem Blogbeitrag  zu λ/4-Verzögerungsplättchen, https://mikrokristalle.com/tag/lambda4-plaettchen/ , habe ich den Vorgang ausführlicher beschrieben.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.

In meinem nächsten Blogbeitrag zeige ich Fotos der Salicylsäure, die man ebenfalls beim freundlichen Apotheker kaufen kann. Sie ist der Benzoesäure in der Struktur sehr ähnlich.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

Ein Leuchtturm in der Servicewüste

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

wie im letzten Blogbeitrag angekündigt, zeige ich einige Aufnahmen der Äpfelsäure, kristallisiert aus  Lösungsmitteln.

Vorher möchte ich aber von einem persönlichen Erlebnis berichten, das mich sehr beeindruckt hat:

Ich besitze einige tausend Dias aus alter Zeit. Für einen besonderen Anlass musste ich diese durchschauen, was ohne Diaprojektor praktisch unmöglich ist. Bei meinem  Leitz Pradovit 153 Diaprojektor hakte nach 30 jährigem treuen Dienst plötzlich der Dia-Transport. Was war zu tun? In meiner Not rief ich bei Leitz in Wetzlar an und schilderte mein Problem. Die freundliche Mitarbeiterin der Service-Abteilung sagte mir, dass man leider 2017, wegen mangelnder Nachfrage, die Reparatur von Diaprojektoren eingestellt, und daher auch kaum noch Ersatzteile für die alten Geräte vorrätig habe.

Bei den meisten Firmen wäre das Gespräch hier wohl zu Ende gewesen. Nicht aber bei Leitz. Nach Rücksprache mit einem Techniker frug mich die Mitarbeiterin, ob ich den Projektor persönlich vorbeibringen könne. Da ich in der Nähe von Wetzlar  wohne, vereinbarten wir für den nächsten Tag einen Termin.

Also machte ich mich auf den Weg in die Zentrale. Dort erwartete mich ein Techniker. Er gab mir einen Gutschein für ein Getränk im Leitz-Cafe und gab mir noch ein paar Tipps, wie ich die Wartezeit überbrücken könne: Leitz-Schau-Raum und Leitz-Museum. (Beides sehr sehenswert im neuen Leitz-Areal). Nach ca. einer Stunde rief er mich auf dem Handy an und sagte, der Projektor sei fertig. Man habe ein defektes Zahnrad ausgetauscht und das gute Stück gereinigt. Er übergab mir das reparierte Gerät und ich bat, mir die Rechnung nach Hause zu schicken. „Das kostet nichts, ist ein Service unseres Hauses“, war die Antwort.

Ich war wirklich im höchsten Maße verblüfft. Man erlebt so etwas nicht sehr häufig, und ich möchte daher auf diesem Wege der Firma Leitz danken. Beim Preisvergleich vom Mikroskopen, an denen man ja auch nach vielen Jahren noch seine Freude haben will, sollte man neben der Qualität der Instrumente auch den Service-Aspekt durchaus beachten. Leitz ist für mich, nach dieser Erfahrung, ein Leuchtturm in der ansonsten ziemlich verbreiteten Service-Wüste. (Wer meinen Bog regelmäßig liest weiss , dass es noch ein kleines und feines serviceorientiertes  Unternehmen in Wetzlar gibt, das auch sehr gute Mikroskope für den etwas kleineren Geldbeutel herstellt).

Nun aber zurück zur Äpfelsäure. Aus Wasser kristallisiert sie manchmal ziemlich unwillig. Ganz anders sieht es bei Spiritus, Isopropanol, Aceton oder Methyläthylketon aus. Aus diesen Lösungsmitteln kristallisiert Äpfelsäure sehr leicht in schönen Kristallen. Die sind oft aber nicht farbig. Die Ursache kann ich nur vermuten: Da sich Lösungsmittel auf dem Objektträger, im Gegensatz zu Wasser, sehr gut verteilen, entstehen eine sehr dünne Kristallschichten. Möglicherweise reichen die für die Farbigkeit verantwortlichen Interferenzerscheinungen an diesen dünnen Schichten nicht aus, um farbige Bilder zu erzeugen. Hier ein Beispiel:

 

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol

Manchmal erhält man in solchen Fällen interessante Effekte, wenn man unter den Objektträger ein Stück Tesa-Film klebt.

 

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol ohne Tesafilm unter dem Objektträger

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol ohne Tesafilm unter dem Objektträger

 

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol mit Tesafilm unter dem Objektträger

Äpfelsäure kristallisiert aus Isopropanol mit Tesafilm unter dem Objektträger

Folien wie Tesafilm wirken ähnlich wie λ/4-Verzögerungsplatten. (Infos darüber findet man hier:  https://mikrokristalle.com/2016/08/). Wenn die Kristalle beim Kristallisieren aus wassermischbaren organischen Lösungsmitteln wie Spiritus oder Isopropanol zu klein werden, weil das Lösungsmittel zu schnell verdampft, kann man einen Tropfen Wasser zugeben.

 

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. In meinem nächsten Blogbeitrag werde ich auf den Trick mit dem Tesafilm etwas näher eingehen.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

 

H-D-S

 

 

 

 

 

 

 

 

Farbenprächtige Mikrokristalle von Äpfelsäure.

Hallo liebe Freude der Mikrokristalle,

richtig farbenprächtige Bilder erhält man aus Mikrokristallen der  Äpfelsäure.

Hier zunächst die chemische Formel:

Äpfelsäure

Äpfelsäure

 

Das kleine Sternchen zeigt,  daß das Molekül ein asymmetrisches Kohlenstoffatom besitzt. Es liegen  2 optisch aktive Formen, eine D-Äpfelsäure  und eine L-Äpfelsäure vor.

Für die Aufnahmen habe ich ein Racemat, also eine 1:1 Mischung beider Komponenten verwendet.

Da Äpfelsäure  auch als Lebensmittelzusatzstoff verwendet wird, ist es relativ leicht zu beschaffen, z.B bei einem freundlichen Apotheker. Man kann Äpfelsäure aber auch bei Amazon kaufen. Es wird dort u.a. als DL-Äpfelsäure angeboten.

Für chemisch interessierte: Die Waldensche Umkehrung wurde von Paul Walden 1896 an der Umsetzung von L(-)-Äpfelsäure zu L(-)-Chlorbernsteinsäure und daraus zurück zu der jetzt in der optischen Konfiguration „umgekehrten“ D(+)-Äpfelsäure entdeckt. (Mit den damals zur Verfügung stehenden analytischen Mitteln war das eine großartige Leistung).

Wer mehr über die optische Aktivität erfahren möchte kann sich meinen Blogbeitrag über Optische Aktivität am Beispiel der Weinsäure ansehen. (April 2015).

Die Substanz ist in Wasser, Spiritus oder Aceton gut löslich. Sie kristallisiert aber nur schwer. Viel besser funktioniert die Kristallisation aus der Schmelze. Man gibt ein paar Kristalle auf einen Objektträger, legt ein Deckgläschen darüber und schmilzt vorsichtig z.B. auf einer Herdplatte auf. Sobald die Kristalle geschmolzen sind, das Deckgläschen mit dem Stiel eines Teelöffels oder Ähnlichem etwas andrücken, damit man eine dünne Schicht erhält. Dann sofort von der Platte nehmen. Die Äpfelsäure kristallisiert nach wenigen Sekunden. (Man kann auch sehr langsam, am Rande der Herdplatte abkühlen lassen).

Auf diese Weise erhält man prächtige Kristallformen, manchmal sogar ganz grossartige, wie die folgenden Aufnahmen zeigen:

 

Äpfelsäure Racemat Mikrokristalle aus der Schmelze.

Äpfelsäure – Racemat
Mikrokristalle aus der Schmelze.

 

Äpfelsäure- Racemat Mikrokristalle aus der Schmelze.

Äpfelsäure – Racemat
Mikrokristalle aus der Schmelze.

 

 

Äpfelsäure- Racemat Mikrokristalle aus der Schmelze.

Äpfelsäure – Racemat
Mikrokristalle aus der Schmelze.

 

Mit etwas Glück und Ausdauer, gelingen dann auch besonders interessante Aufnahmen, wie die folgende, die fast aussieht wie ein Drache:

 

Äpfelsäure- Racemat Mikrokristalle aus der Schmelze.

Äpfelsäure – Racemat
Mikrokristalle aus der Schmelze.

 

Soviel für heute liebe Freunde der Mikrokristalle. Ich wünsche erfolgreiches Experimentieren mit der Äpfelsäure, die tatsächlich so, und nicht Apfelsäure heißt.

Für meinen nächsten Blogbeitrag will ich versuchen, ansprechende Kristalle dieser tollen Säure aus einer Lösung zu erzeugen.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

 

H-D-S

 

 

 

 

 

 

 

 

Tipps zur Beschaffung anorganischer Substanzen II.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

es hat etwas gedauert mit diesem Beitrag. Aber man muss ja auch mal Urlaub machen.

Heute stelle ich eine weitere anorganische Substanz vor, die leicht zu beschaffen ist. Es ist das Natriumthiosulfat. Wer früher Filme oder Fotos entwickelt hat, kennt es als Fixiersalz. Entsprechend kann man auch heute noch das Fixiersalz im Fotohandel kaufen, man bekommt es aber auch bei Kosmos. (Ich habe die Firma in meinem letzten Blogbeitrag schon als Beschaffungsquelle erwähnt).

Natriumthiosulfat hat die chemische Formel Na2S2O3 • 5H2O. Ein Molekül der Verbindung bindet 5 Moleküle Wasser als sogenanntes Kristallwasser. Das Salz schmilzt schon bei ca. 48 ºC. Natriumthiosulfat ist sehr gut in Wasser löslich und zeigt ein etwas ungewöhnliches aber dennoch nicht sehr seltenes Kristallisationsverhalten. Löst man ein paar Kristalle auf einem Objektträger mit einem Tropfen dest. Wasser, so verdunstet das Wasser über Nacht, und es bleiben  kleine, nicht kristalline Tropfen zurück. Wenn man jetzt ein Deckgläschen auf die Tropfen legt und das Gläschen etwas verschiebt, beginnt das Salz zu kristallisieren. Diese nicht kristallisierten Tropfen nennt man eine unterkühlte Schmelze. (Siehe mein Blogbeitrag über Natriumacetat. https://mikrokristalle.com/2016/11/22/natriumacetat-mikrokristalle-in-allen-farben/). Das Salz bildet sehr interessante Kristalle, wie die folgenden Aufnahmen zeigen:

 

Natriumthiosulfat

Natriumthiosulfat
Kristallisiert aus wässriger Lösung.

 

Natriumthiosulfat

Natriumthiosulfat
Kristallisiert aus wässriger Lösung.

 

Mit Natriumthiosulfat kann man grafisch sehr wirksame Aufnahmen machen, aber immer daran denken, die Substanz kristallisiert erst, wenn man sie etwas ankratzt oder wie ober beschrieben, sie mit einem Deckglas etwas bewegt.

Da das Salz schon bei ca. 48 °C schmilzt, kann man auch aus der Schmelze schöne Kristalle erzeugen. Dabei muss man behutsam vorgehen, da durch zu starkes Erwärmen das Kristallwasser aus den Kristallen ausgetrieben wird. Man erhält dann nur ein wasserfreies feines Pulver. Schmilzt man aber vorsichtig auf, erhält man schöne Kristalle, wie die folgende Aufnahme zeig:

Natriumthiosulfat Kristallisiert aus der Schmelze.

Natriumthiosulfat
Kristallisiert aus der Schmelze.

 

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. In meinen nächsten Blogbeitrag werde ich das Mikroskop vorstellen, mit dem die meisten meiner Bilder entstanden sind.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

 

H-D-S

 

Beugung von Lichtwellen.

Hallo liebe Freude der Mikrokristalle,
in meinem letzten Blogbeitrag habe ich auf die korrekte Einstellung der Aperturblende hingewiesen.

Ich hatte beschrieben und an Hand eines Beispiels gezeigt, daß die Aperturblende nicht zu weit geschlossen werden darf, da sonst durch Beugungserscheinungen das Bildergebnis verschlechtert und sogar verfälscht wird. Auf das Phänomen der Beugung möchte ich heute etwas näher eingehen.

In der geometrischen Optik geht man davon aus, daß bei einem ideal korrigierten Objektiv, ein Objektpunkt O als Bildpunkt O‘ dargestellt wird. In der Realität sieht das aber anders aus. Statt eines Bildpunktes O‘ entsteht ein Beugungsscheibchen. Um zu demonstrieren, was es mit der Beugung auf sich hat, habe ich ein Experiment mit einem Laser Pointer durchgeführt. Dazu habe ich vor einem roten Laser Pointer eine Aluminiumfolie befestigt, in die ich ein Loch mit einem Durchmesser von ca. 0,15 mm gestochen habe. Im Abstand von ca. 3 m habe ich den Lichtfleck auf einem weißen Projektionsschirm  fotografiert. Die Aufnahme wurde in einem dunklen Raum aufgenommen.

 

Beugungsbild eines roten Laserpointers.

Beugungsbild eines roten Laser Pointers.

Eigentlich hätte man auf dem Projektionsschirm nur einen kleinen roten Lichtfleck erwarten sollen. Statt dessen ist ein Bild mit einem Lichtfleck in der Mitte, umgeben von abwechselnd roten und dunklen Kreisen entstanden. Es sind nicht wirklich Kreise, weil leider das Loch in der Aluminiumfolie nicht kreisrund war. Auch ist der Lichtfleck  im Zentrum nicht rot, weil ich die Aufnahme absichtlich stark überbelichtet habe, um auch die umgebenden „Kreise“ besser sichtbar zu machen. Ich konnte die Kamera auch nicht mittig platzieren, da sie sonst in den Strahlengang gekommen wäre.

Wie ist dieses Bild nun zu deuten?
Es ist ganz offensichtlich, daß die aus dem kleinen Loch der Aluminiumfolie austretenden Lichtwellen sich kreisförmig auch im Schattenraum um den zentralen Lichtpunkt herum ausbreiten. Wenn sich Lichtwellen auch im Schattenraum eines Objekts ausbreiten, nennt man diese Erscheinung Beugung. Warum entstehen diese merkwürdigen roten und dunklen Ringe um das Zentrum herum?  Da auch viele Schüler meinen Blog lesen, möchte ich zunächst einige grundlegende Dinge erläutern.
Der niederländische Forscher Christiaan Huygens (1629-1695) hat Gedanken zur Ausbreitung der Lichtwellen  entwickelt, die noch heute gelten, und die wir das „Huygens’sche Prinzip“ nennen. Zur Darstellung der Ausbreitung von Lichtwellen verwendet man die Begriffe „Wellenfront“, „Wellennormale“ oder „Wellenstrahl“.

Wellenfronten, Wellennormale bzw. Wellenstrahl.

Die Kreise in der Skizze sind die Wellenfronten, sie stellen die maximale Auslenkung (Wellenberge) einer Welle dar. (Man denke an das Bild das entsteht, wenn man einen Stein in einen Teich mit glatter Wasseroberfläche wirft). Der Abstand λ zwischen den Wellenbergen  ist die Wellenlänge, nochmals an der Skizze rechts unten verdeutlicht. Die roten Pfeile sind die Wellennormalen oder auch Wellenstrahlen. Sie sind Richtungspfeile und stehen immer senkrecht auf den Wellenfronten. Betrachtet man einen kleinen Teil einer sehr großen Kreiswelle, kann dieser annähernd durch horizontale Wellenfronten dargestellt werden, wie oben rechts geschehen.

Huygens hat sich nun überlegt, wie die Ausbreitung einer Welle zustande kommt. Er nahm an,  daß jeder Punkt einer Wellenfront,  Ausgangspunkt neuen Elementarwellen ist. Diese Elementarwellen überlagern sich. Die Einhüllende aller Elementarwellen, ergibt dann eine neue Wellenfront.  Die folgende Skizze soll das erläutern:

Das Huygens’sche Prinzip.

Die roten Punkte auf der Wellenfront sind Ausgangspunkte neuer Elementarwellen, hier als Teilkreise dargestellt. Die  Elementarwellen überlagern sich, die Einhüllende bildet die neue Wellenfront. Dort entstehen wieder neue Elementarwellen, und so setzt sich die Ausbreitung der Welle fort. Die Welle kann sich in alle Richtungen ausbreiten. Die skizzierten Wellenstrahlen stellen daher auch keine bevorzugten Richtungen dar.

Was passiert, wenn nun eine horizontale Wellenfront auf ein Hindernis, wie eine Lochblende fällt? Um das zu versehen, betrachten wir zunächst statt einer engen Lochblende einen engen Spalt, weil die mathematische Beschreibung hier einfacher ist. Physikalisch betrachtet sind die Verhältnisse an Spalt und Lochblende aber identisch.

 

Betrachten wir eine ebene Wellenfront, die auf einen engen Spalt der Breite l fällt.

 

Wellenstrahlen die von A und B auf P zulaufen.

Auch hier entstehen, an der den Spalt passierenden Wellenfront, neue Elementarwellen. Zwei Elementarwellen am äußeren Rand, dargestellt durch deren Wellenstrahlen, laufen auf Punkt P zu. Wenn die Spaltbreite l gegenüber der Strecke a sehr klein ist, kann man annehmen, daß beide Wellenstrahlen fast parallel verlaufen. Die Wegstrecke BP ist in diesem Beispiel um die halbe Wellenlänge, also λ/2 länger als die Wegstrecke AP. Das bedeutet, daß die von Punkt B ausgehende Welle etwas später in P ankommt, so daß ein Gangunterschied (Phasenverschiebung) von λ/2 eintritt. Das folgende Bild verdeutlicht nochmals die Phasenverschiebung.

Bei einer Phasenverschiebung von einer halben Wellenlänge, treffen in Punkt P Wellental auf Wellenbauch.

Sinusförmige Lichtwelle um L/2 versetzt.

Phasenverschiebung  λ /2 . Destruktive Interferenz.

Wenn aber das Wellental einer Welle mit dem Wellenbauch einer anderen Welle aufeinander treffen, (ähnliche Wellenlänge und Orientierung vorausgesetzt), dann löschen sie sich gegenseitig aus. Man nennt das Destruktive Interferenz.

So, nun haben wir alles zusammen, um die Kreise des obigen Beugungsbildes zu erklären. In der folgenden Skizze trifft nochmal eine horizontale Wellenfront mit der Wellenlänge λ auf einen Spalt der Breite d. Auch hier entstehen am Spalt neue Elementarwellen. Die Elementarwellen breiten sich in alle Richtungen aus. 5 Ausgangspunkte von Elementarwellen sind als rote Punkte eingezeichnet.   Die Wellenstrahlen breiten sich in Richtung a mit dem Winkel α aus. Alle Wellenstrahlen treffen sich in einem Punkt P, der hier nicht eingezeichnet ist. Wegen der großen Entfernung zum Projektionsschirm im Vergleich zum engen Spalt,  können die Wellenstrahlen parallel gezeichnet werden. Das entspricht durchaus der Realität der obigen Aufnahme. Die Lochblende vor dem Laser Pointer hatte einen Durchmesser von ca. 0,15 mm, der Abstand zwischen Lochblende und Projektionsschirm betrug ca. 3000 mm.

 

Beugung an einem Einzelspalt mit Darstellung des 1. Minimums.

Beugung an einem Einzelspalt mit Darstellung des 1. Minimums.

 

Betrachtet man einen Einzelspalt genauer, so ist er nicht Ausgangspunkt einer einzelnen Elementarwelle. Vielmehr ist jeder Punkt des Spalts Ausgangspunkt neuer Elementarwellen. Im Bild sind 5 solcher Punkte rot eingezeichnet. Die von ihnen ausgehenden, sich überlagernden Elementarwellen sind durch ihre Wellenstrahlen dargestellt. Sie bewegen sich in Richtung a mit dem Winkel α gegenüber  der Horizontalen. Beträgt der Gangunterschied zwischen den beiden äußeren Randstrahlen  1 und 5 gerade λ, so kann man Strahlenpaare finden, deren Gangunterschied gerade λ/2 beträgt. Das sind die Strahlenpaare 1 und 3 sowie 2 und 4 und schließlich 3 und 5. Die Strahlenpaare löschen sich somit alle wegen des Gangunterschieds durch destruktive Interferenz  vollständig aus.

Wellenstrahlen die geradlinig verlaufen, bei denen der Winkel α = 0 ist, bilden das Intensitätshauptmaximum, auf dem Bild auf der Mittelachse.

Für das ersten Minimum gilt:

sin α = ± λ/d

Die hier angestellten Überlegungen gelten natürlich auch für Gangunterschiede größer als λ, also für 2λ, 3λ, …

Bei der Beugung an einem Spalt entstehen helle und dunkle Streifen. Für die Minima gilt:

sin αk = k·λ/d                  k = ±1, ± 2, …         (  λ Wellenlänge  d Spaltbreite)

Zwischen den Minima liegen Nebenmaxima sehr geringer Intensität. Die Bedingung für die Nebenmaxima lautet:

sin αk = (2k + 1)·λ/2d          k= ±1, ±2, …

 

Es besteht physikalisch kein Unterschied zwischen der Beugung an einem Spalt oder an einer runden Öffnung, wie einer Lochblende mit dem Radius r. Aber die mathematische Beschreibung ist erheblich schwieriger. Bei Lochblenden entstehen dann nicht Beugungsstreifen wie am Spalt sondern Beugungskreise, wie sie auf dem obigen Foto zu sehen sind.

Unser Ausgangspunkt war das Schließen der Aperturblende am Mikroskop. Je weiter man sie schließt, umso stärker treten Beugungserscheinungen auf, die das mikroskopische Bild negativ beeinträchtigen. Beugung von Lichtwellen tritt immer auf, wenn diese auf Hindernisse treffen. Ein Blendenrand oder die Fassung eines Objektivs sind solche Hindernisse. Je kleinen ein Öffnung ist, umso stärker treten Beugungserscheinungen hervor. Ohne die kleine Aluminiumlochblende vor dem Laser Pointer hätten wir auf dem obigen Foto einen kleinen roten Punkt gesehen, wie wir es von einem Laser Pointer gewöhnt sind. Das Hindernis Lochblende mit einem Durchmesser von ca. 0,15 mm hat die Beugungserscheinungen aber voll zu Tage treten lassen.

So liebe Freunde der Mikrokristalle, es ist Spargelzeit. Da habe ich nochmal zur Asparaginsäure gegriffen, die, wie der Name schon sagt, Bestandteil dieses feinen Gemüses ist. Ich habe ca. 250 mg in 10 ml Isopropanol/dest. Wasser 1:1 heiß gelöst und einen Tropfen auf einen Objektträger gegeben. Die Kristallisation setzt meist schon nach wenigen Minuten ein. (Manchmal benötigt man aber etwas Geduld).

Hier die Ergebnisse:

 

Asparaginsäure fotografiert im polarisierten Licht. Vergrößerung 100x.

Asparaginsäure fotografiert im polarisierten Licht. Vergrößerung 100x.

 

Asparaginsäure fotografiert im polarisierten Licht. Vergrößerung 100x.

Asparaginsäure fotografiert im polarisierten Licht. Vergrößerung 100x.

Bei dem unteren Foto könnte man meinen, ein reißende Fluss bewegt sich durch eine Berglandschaft.

Man kann sich fragen, ob der Aufwand gerechtfertigt war, um das Phänomen der Beugung so detailliert zu beschreiben. Aber mit den Erkenntnissen die wir aus dem Beugungsexperiment gewonnen haben, können wir ohne weiteren Aufwand berechnen, wo die Grenze des Auflösungsvermögens bei optischen Mikroskopen liegt, mit anderen Worten, welche maximale Vergrößerung überhaupt möglich ist. Und das ist doch eine wirklich interessante Frage.

Das liebe Freunde der Mikrokristalle, wird daher auch das Thema meines nächsten Blogbeitrags sein.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

 

 

 

 

Magnesiumsulfat ein Tannendünger in prachtvollem Outfit.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

eigentlich hatte ich für diesen Beitrag das Natriumcitrat angekündigt, aber es hat mit der Züchtung ansprechender Kristalle nicht richtig geklappt.

Hier ein anderer Star unter den Mikrokristallen, das Magnesiumsulfat. Man nennt es auch Bittersalz, und das nicht ohne Grund. Der Stoff hat einen bitteren Geschmack und wird u.a. auch als Abführmittel verwendet. Man bekommt das Salz ohne Probleme in der Apotheke. Aber auch im Baumarkt gibt es Magnesiumsulfat als Düngemittel für Tannen und andere Nadelgewächse.

Die Substanz ist ein Magnesiumsalz der Schwefelsäure und hat die folgende einfache Formel: MgSO4. Magnesiumsulfat ist in kleinen Mengen ungiftig und sehr gut in Wasser löslich. Es bildet sehr leicht schöne Kristalle auf dem Objektträger. Man gibt einige wenige Körnchen auf einen sauberen Objektträger und fügt 1-3 Tropfen dest. Wasser hinzu. Die Kristalle lösen sich schnell auf. Man läßt die Probe an einem staubfreien Ort langsam eintrocknen. Eilige legen den Objektträger auf die Heizung und fügen ein Papierdach darüber, um lästigen Staub zu vermeiden. Nach dem Verdunsten des Wassers haben sich schöne Kristalle gebildet, die prächtige Fotos unter dem Mikroskop im polarisierten Licht ergeben. Wir arbeiten hier ohne Deckglas. Nun ein paar Beispiele:

Magnesiumsulfat

Magnesiumsulfat-Kristalle  im polarisierten Licht

 

Magnesiumsulfat-Kristalle im polarisierten Licht.

Magnesiumsulfat-Kristalle im polarisierten Licht.

 

Magnesiumsulfat-Kristalle im polarisierten Licht.

Magnesiumsulfat-Kristalle im polarisierten Licht mit zusätzlichem Lambda-Plättchen.

 

Diese Beispiele zeigen, daß auch anorganische Mikrokristalle prächtig unter dem Mikroskop im polarisierten Licht aussehen. Anorganische Salze haben den Vorteil, daß sie meist viel leichter zu beschaffen sind, als organische Stoffe.

Warum düngt man eigentlich Nadelgewächse mit Magnesiumsulfat? Magnesium spielt in der Pflanzenwelt eine große Rolle. Das Blattgrün der Pflanzen besitzt bei der sogenannten Photosynthese der Pflanzen eine wichtige Funktion. Aus Wasser und Kohlendioxid erzeugen Pflanzen in den Blättern mit Hilfe des Blattgrüns, auch Chlorophyll genannt, Kohlenhydrate, wie z.B. Zucker. Die Kohlenhydrate benötigen die Pflanzen für ihr Wachstum. Sie erzeugen daraus z.B. Cellulose als Stützgerüst oder Stärke als Energiespeicher und vieles andere mehr. Das Chlorophyll ist ein großes, kompliziertes Molekül, das in seiner Mitte das Magnesium als Zentralatom besitzt. Magnesium ist also für Pflanzen ein unentbehrliches Element. Darum führen wir es den Pflanzen z.B. als Magnesiumsulfat zu.

Und hier noch etwas ziemlich erstaunliches: Wie erwähnt, ist Magnesium das Zentralatom einer komplizierten chemischen Struktur, dem Chlorophyll. Ersetzt man nun das Magnesium in dieser Struktur durch  Eisen, so erhält man den roten Blutfarbstoff Häm, der gebunden an sogenannten Globinen, als Hämoglobin durch unsere Adern fließt und für den Sauerstoff-Transport in unsere Zellen verantwortlich ist. Es ist doch interessant, wie genial und doch sparsam, die Natur in der Evolution vorgeht. (Die Strukturen um die Zentralatome sind zwar nicht zu 100% identisch, sind sich aber doch erstaunlich ähnlich).

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. In meinem nächsten Blogbeitrag möchte ich die Mikroskopbeleuchtung etwas näher betrachten, besonders in Hinblick auf die Fotografie der Mikrokristalle.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S