Von der Köhlerschen- und der Kritischen Beleuchtung.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,
ich hatte es angekündigt, die Köhlersche Beleuchtung ist heute mein Thema.

Diese Art der Beleuchtung ist nach Professor August Karl Valentin Köhler benannt, der sie 1893 im Rahmen seiner Doktorarbeit entwickelte, um korrekt belichtete Mikrofotos bei bestmöglicher Ausnutzung der Abbildungsleistung seines Mikroskops zu erhalten. Seine Arbeitsmethode war so bahnbrechend, daß sie bis heute von fast allen Mikroskopikern angewandt wird. Dennoch wird sie, inzwischen über 120 Jahre alt, durchaus in Foren kontrovers diskutiert. Es wird gefragt, ob das „Köhlern“, wie man die Arbeitsmethode meist nennt, noch wirklich zeitgemäß ist, da die Qualität der Mikroskope von 1893 mit den heutigen schließlich nicht mehr zu vergleichen ist.

Zunächst möchte ich die Köhlersche Beleuchtung beschreiben. Die Methode kann nur mit Mikroskopen durchgeführt werden, die folgende Komponenten besitzen: Kollektor, Leuchtfeldblende und Kondensor mit Aperturblende.

Image1_1

Ziel der Köhlerschen Beleuchtung ist es, ein möglichst homogen ausgeleuchtetes Bild ohne Streulicht zu erzeugen. Dafür wird das Lampenlicht des Mikroskops über einen Kollektor gebündelt und der Kondensor wird so eingestellt, daß die Lichtquelle in der Ebene der Aperturblende abgebildet wird. Das Objekt wird so von parallelen Lichtstrahlen, homogen bei maximaler Intensität durchleuchtet. In der folgenden Abbildung ist der Beleuchtungsstrahlengang grün dargestellt:

koehler_05
Man sieht, daß die Lichtquelle in der Ebene der Aperturblende abgebildet wird. Die Beleuchtungsstrahlen werden dann durch den Kondensor parallel ausgerichtet und treffen so auf das Präparat in der Objektebene. Beleuchtungsstrahlen die nicht auf Punkte in der Objektebene treffen, werden auf der Netzhaut als homogene helle Fläche wahrgenommen. Der Abbildungsstrahlengang ist rot dargestellt.

Und hier das Rezept für die Köhlersche Beleuchtung. Vorausgesetzt ist, daß Leuchtfeldblende und Kondensor zentriert sind:

  • Präparat unter das Mikroskop legen und Beleuchtung einschalten.
  • Leuchtfeldblende ganz öffnen.
  • Aperturblende ganz öffnen.
  • Kondensor bis zum oberen Anschlag vorsichtig hochfahren.
  • Präparat scharf stellen.
  • Leuchtfeldblende vollständig schließen.
  • Kondensor soweit herunterfahren, bis der Rand der Leuchtfeldblende möglichst scharf ist (ev. Farbsaum schlägt von Rot nach Blau um).
  • Leuchtfeldblende soweit öffnen, bis Blendenrand gerade aus dem Sichtfeld verschwindet.
  • Aperturblende ca. halb schließen.

Bei jedem Objektivwechsel muß der Vorgang wiederholt werden.

Manche Mikroskope besitzen zwar einen Kondensor mit Aperturblende, aber keine Leuchtfeldblende. In solchen fällen kann man sich mit der sogenannten „Kritischen Beleuchtung“ helfen. Man benötigt einen Objektträger, auf den man mit einem Filzstift ein kleines Kreuz zeichnet.

  • Präparat unter das Mikroskop legen und Beleuchtung einschalten.
  • Aperturblende ganz öffnen.
  • Kondensor bis zum oberen Anschlag vorsichtig hochfahren.
  • Präparat scharf stellen.
  • Objektträger mit Kreuz auf die Beleuchtungseinrichtung legen.
  • Kondensor soweit herunterfahren, bis das Kreuz scharf abgebildet wird.
  • Objektträger mit Kreuz wieder entfernen.
  • Aperturblende ca. halb schließen.

Auch hier muß der Kondensor mit den Zentrierschrauben vorher zentriert worden sein. Die Kritische Beleuchtung hat den Nachteil, daß eventuell die Wendel der Leuchtquelle stört. In solchen Fällen den Kondensor etwas herunterdrehen oder ein Mattscheibenfilter verwenden.

Hier Vergleichsaufnahmen:

Benzoesäure 40x

Benzoesäure 40x
Kondensor am oberen Anschlag
Leuchtfeldblende ganz geöffnet.

 

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Benzoesäure 40x
Kritische Beleuchtung.

 

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Benzoesäure 40x
Köhlersche Beleuchtung.

 

Benzoesäure_100x

Benzoesäure 100x
Kondensor am oberen Anschlag
Leuchtfeldblende ganz geöffnet.

 

Benzoesäure_100x_kr

Benzoesäure 100x
Kritische Beleuchtung.

 

Benzoesäure_100x_k

Benzoesäure 100x
Köhlersche Beleuchtung.

 

Alle Aufnahmen sind vollkommen unbearbeitet. Auf einem großen Monitor betrachtet erkennt man bei den Originalbildern durchaus gewisse Unterschiede, die hier auf dem Blog nicht so klar herauskommen. Es liegen aber keine Welten dazwischen. Ich konnte aber bei verschiedenen Vergleichsaufnahmen immer wieder die Erfahrung machen, daß ausnahmslos die geköhlerten Aufnahmen die besten waren. Mir ist das Köhlern in Fleisch und Blut übergegangen, so daß ich es vor jeder Aufnahme bei Objektivwechsel vornehme. Aber es sei gesagt, wer die Einrichtung zum Köhlern an seinem Mikroskop nicht besitzt, muß nicht verzweifeln, so groß sind die Unterschiede nicht.

Soviel für heute liebe Freunde der Mikrokristalle.

In meinem nächsten Blogbeitrag geht es um Mikrofotos von Naproxen. Diesen pharmazeutischen Wirkstoff kann man leicht aus rezeptfreien Tabletten isolieren. Man bekommt atemberaubende Aufnahmen.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit und fröhliches Köhlern.

 

H-D-S

 

 

 

 

 

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