HDRI-Technik angewandt auf Fotos von Mikrokristallen III.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

das Thema HDR (High Dynamic Range) möchte ich abschließen mit einer Simulation des Tone Mapping-Verfahrens. Wir erinnern uns: Beim Tone Mapping wird der Kontrastumfang eines Hochkontrastbildes (Farbtiefe 16-32 Bit) soweit verringert, daß es auf herkömmlichen Ausgabegeräten (Bildschirmen oder Druckern) dargestellt werden kann (Farbtiefe 8 Bit). Was bedeutet eigentlich Farbtiefe von 8 oder 16 Bit?

Um das zu verstehen, machen wir einen kleinen Ausflug in die Arbeitsweise der Computerspeicher. Stellen wir uns einen Computerspeicher vor, wie ein kariertes Blatt Papier. Jedes Karo ist ein Bit, das kleinste ansprechbare Speicherelement. Bits kennen keine Farben. Sie kennen nur zwei Zustände, ausgedrückt in den Zahlen „0“ und „1“. Wir können in ein Karo also entweder eine „0“ schreiben, oder eine „1“. Mehr geht nicht. Farben müssen also irgendwie in Kombinationen dieser 2 Ziffern dargestellt werden.

Digitale Bilder sind aus drei Grundfarben aufgebaut: Rot, Grün und Blau. Für jede dieser drei Grundfarben reservieren wir auf unserem karierten Blatt separate Speicherplätze, die wir Farbkanäle nennen. Es gibt also einen roten (R), einen grünen (G), und einen blauen (B) Farbkanal. Nehmen wir einmal an, wir reservieren für jeden Farbkanal genau je einen Speicherplatz, den wir mit einer „0“ oder einer „1“ belegen können. Schreiben wir z.B. in den roten Farbkanal eine „0“ so bedeutet das, er enthält keine Farbe. Schreiben wir eine „1“ hinein, enthält er die Farbe Rot. Analog können wir mit den beiden anderen Farbkanälen verfahren. Es ergeben sich dann daraus, mathematisch ausgedrückt,  ( 2 ^ 1 )^ 3 = 8 mögliche Farbkombinationen, wie im folgenden Bild dargestellt:

Darstellbare Farben bei 1 Bit Farbtiefe.

Darstellbare Farben bei 1 Bit Farbtiefe.

Stellen wir pro Farbkanal nur einen Speicherplatz zur Verfügung, so sprechen wir von einer Farbtiefe von einem Bit.

Erhöhen wir gedanklich die Farbtiefe auf 2 Bit. Dann stehen jedem Farbkanal 2 Speicherplätze zur Verfügung, die mit „0“ oder „1“ belegt werden können. Das bedeutet, daß wir jetzt die Farben in (2^2) = 4 unterschiedlichen Intensitäten darstellen könnten.

R                                          B

0 0                 0 0                    0 0

0 1                  0 1                    0 1

1 0                  1 0                    1 0

1 1                   1 1                    1 1

Kombiniert man die Farbabstufungen der Einzelfarben miteinander, ergeben sich (2^2)^3 = 64 verschiedene Farbkombinationen.

Der sRGB-Farbraum arbeitet mit einer Farbtiefe von 8 Bit pro Farbkanal. Somit ergeben sich pro Farbkanal 2^8 = 256 Farbabstufungen. Die 3 Kanäle wiederum miteinander kombiniert ergeben (2^8)^3 = 16.777.216 also rund 17 Millionen Farben. Und für einen 16-Bit-Farbraum kommen wir auf (2^16)^3 = 281.474.976.710.656, also rund 281 Billionen mögliche Farben. Gute Bildschirme im Amateurbereich können den sRGB-Farbraum zu 100% abdecken. Nur für den professionellen Gebrauch decken Bildschirme den vollen RGB-Farbraum ab.

Kehren wir von unserem kleinen Ausflug zurück zu unserem Ziel, das Tone Mapping zu simulieren. Wer Photoshop Elements besitzt, im vorliegenden Beispiel wurde Photoshop Elements 14 benutzt, kann diese Simulation durchführen. Es wird hierbei der Kontrastumfang des Bildes kontrolliert reduziert.

Photoshop Elements besitzt ein Camera-RAW-Plugin, mit dem man auch Bilder im JPG-Format öffnen kann. Durch Verschieben der Schwarz-, Weiss-, Tiefen-, Lichter- und Klarheit- Regler kann man ein Tone Mapping simulieren und erreicht durchaus beachtliche Ergebnisse.

Ich möchte mich nicht mit fremden Federn schmücken, diese Technik habe ich dem sehr lesenswerten Buch „Photoshop Elements 14“ von Jürgen Wolf entnommen. Legen wir also los:

Als Ausgangsbild habe ich wieder das gleiche Mikrofoto von Cumarin verwendet wie in den beiden vorausgegangenen Blog-Beiträgen. Die dunklen Bereiche sind hier viel dunkel.

02_Cumarin

Mikroaufnahme von Cumarin im polarisierten Licht.

In Camera-Raw das Bild öffnen:

 

JPG in Camera RAW

Öffnen einer JPG-Aufnahme in Camera RAW

 

Cumarin in Camera RAW

Mikroaufnahme von Cumarin in Camera RAW.

 

bild_02.1

Originalstellung der Regler.

Jetzt die Regler rechts im Bild folgendermaßen verstellen:

Schwarz ganz nach rechts auf +100

Weiß ganz nach links auf -100

Tiefen ganz nach rechts auf +100

Lichter ganz nach links auf -100

Klarheit ganz nach rechts auf +100

 

bils_03.1

 

Simuliertes Tone Mapping.

Simuliertes Tone Mapping.

Und hier die durch simuliertes Tone Mapping generierte Aufnahme:

Simuliertes Tone Mapping

Durch simuliertes ToneMapping (Dynamikkompression) verbesserte Mikroaufnahme von Cumarin.

Die Aufnahme hat doch gewaltig gewonnen.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. Im nächsten Blogbeitag zeige ich Euch, wie man schöne Mikrokristalle von Cumarin, einem Stoff, der u.a. im Zimt enthalten ist, erzeugen kann.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

 

HDRI-Technik angewandt auf Fotos von Mikrokristallen I.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle.

High Dynamic Range Imaging ist heute unser Thema. Da es sehr umfangreich ist, möchte ich es in zwei Blogbeiträge unterteilen.

Wer kennt es nicht, ein Motiv besitzt einen Kontrastumfang, der die Möglichkeiten des Kamera-Sensors übersteigt. Belichtet man korrekt auf die hellsten Bereiche versinken die dunklen ins Schwarze und belichtet man korrekt auf die dunklen Bereiche sieht man die hellen Bereiche als weiße Flächen ohne jegliche Zeichnung. Diese Erfahrung macht man manchmal auch beim Fotografieren von Mikrokristallen im polarisierten Licht. Was kann man tun?

Die HDRI-Technik liefert die Lösung. Sie erzeugt Hochkontrastbilder, die große Helligkeitsunterschiede detailreich wiedergeben. Dafür werden allerdings Spezialkameras benötigt. Man kann aber auch über Belichtungsreihen mit herkömmlichen Kameras den Dynamikumfang erweitern.

Echte HDR-Aufnahmen besitzen eine Farbtiefe von 16 oder 32 Bit pro Farbkanal. Normale Bildschirme können einen so großen Kontrastumfang gar nicht darstellen. Sie schaffen gerade mal 8 Bit pro Farbkanal. Es können auch nicht alle Formate genutzt werden. JPG zum Beispiel arbeitet nur mit 8 Bit pro Farbkanal. Daher werden Hochkontrastbilder in einem zweiten Schritt wieder auf 8 Bit pro Farbkanal heruntergerechnet. Dieses Verfahren wird Tone Mapping oder Dynamikkompression genannt. Das erscheint vielleicht etwas verwirrend. Erst erzeugt man Bilder mit einem hohen Dynamikumfang und dann reduziert man ihn wieder. Aber die Dynamikkompression wird so durchgeführt, daß alle bildwichtigen, korrekt belichteten Bereiche erhalten bleiben. Es werden allerdings Helligkeitswerte und Farben dabei oft so verändert, daß eine Nachbearbeitung erforderlich ist.

Der HDRI-Prozess besteht somit aus 3 Schritten, der Erzeugung eines Hochkontrastbildes, dem Tone Mapping und der Nachbearbeitung. Diesen relativ aufwendigen Gesamtprozess beherrschen nicht alle Bildbearbeitungsprogramme. HDRI wird von Photoshop ab CS2 unterstützt, im Gegensatz zu Photoshop Elements das diesen Prozess, auch in neuster Version, nicht kennt. Es gibt Spezialprogramme wie Photomatix Pro mit denen man HDR-Bilder erzeugen kann, die dann von dem Programm durch Tone Mapping wieder heruntergerechnet werden und falls erforderlich, kann man sie mit Photomatix Pro noch nachbearbeiten.

Ein anderes Verfahren, DRI (Dynamic Range Increase) genannt, liefert ähnliche Resultate wie HDRI. Dynamic Range Increase  kann mit jedem Bildbearbeitungsprogramm durchgeführt werden, das mit Ebenen arbeitet und einen Zauberstab besitzt, also auch mit Photoshop Elements.

DRI arbeitet mit 8 Bit pro Farbkanal. Daher ist kein anschließendes Tone Mapping  erforderlich. Ich möchte versuchen, das Prinzip einigermaßen verständlich zu beschreiben, damit man es mit jedem Bildbearbeitungsprogramm durchführen kann. Anschließend folgt ein konkretes Beispiel mit Photoshop Elements.

Zunächst die grundlegende Vorgehensweise: Man nimmt 3-5 Mikrofotos mit unterschiedlichen Belichtungen auf. Dabei sollten 1-2 Zeitstufen zwischen den einzelnen Aufnahmen liegen. Der Vorteil bei mikroskopischen Bildserien von Kristallen ist, daß sie deckungsgleich sind und normalerweise keine Bewegung zwischen den Aufnahmen stattgefunden hat. Die Aufnahmen können im JPG-Format aufgenommen sein. Nehmen wir an, es liegen 3 Aufnahmen vor.

Man liest sie in das Bildbearbeitungsprogramm ein. Es muß, wie gesagt, die Ebenentechnik unterstützen. Jetzt legt man jedes Bild in eine Ebene. Das dunkelste nach ganz unter, das nächst hellere darüber, das hellste nach oben. Jetzt wird die oberste Bildebene aktiviert. Darin werden die überbelichteten Bereiche mit dem Zauberstab eingegrenzt. Dabei den Zauberstab so einstellen, daß nur diese Bereiche erfaßt werden. Man löscht den markierten Bereich, und der in der 2.Ebene genau darunter  liegende Bereich wird sichtbar und ersetzt den gelöschten Bereich. Jetzt aktiviert man die 2. Ebene und kreist mit dem Zauberstab, falls notwendig, weitere zu helle Bereiche ein, dabei muß die Intensität des Zauberstabs verringert werden. Nach Löschen dieser Bereiche werden die darunterliegenden korrekt belichteten Bildteile sichtbar und ersetzen wiederum die gelöschten Bereiche. Jetzt haben wir eine in allen Teilen korrekt belichtete Aufnahme und wir führen die neu eingefügten Bildteile mit der oberen Ebene zusammen und speichern sie ab.

Hier gleich ein praktisches Beispiel, ausgeführt mit Photoshop Elements. Vom Cumarin wurden 3 Aufnahmen unter dem Mikroskop im polarisierten Licht aufgenommen.

Cumarin Belichtungszeit 1/1.6s

Cumarin
Belichtungszeit 1/1.6s

Einige Bereiche dieser Aufnahme sind komplett überbelichtet.

 

Cumarin Belichtungszeit 1/6s

Cumarin
Belichtungszeit 1/6s

Diese Aufnahme wurde mit der von der Kamera vorgeschlagenen Belichtung aufgenommen. Die dunklen Bereiche sind viel zu dunkel, einige kleine Bereiche im helle Teil sind noch zu hell.

 

Cumarin Belichtungszeit 1/25s

Cumarin
Belichtungszeit 1/25s

Hier sind auch die hellsten Teile korrekt belichtet, die dunklen Teile sind fast nicht mehr sichtbar.

So, und nun gehen wir in Photoshop Elements, stellvertretend für jedes beliebige Bildbearbeitungsprogramm.

Zunächst laden wir die drei Aufnahmen:

Bild01

Mit [Fenster], [Bilder],[Nebeneinander], werden die Bilder nebeneinander gestellt.

Bild02

Wir sehen ganz rechts, blau unterlegt, die Hintergrundebene. Wichtig, dieses muß die dunkelste Aufnahme sei. darüber legen wir jetzt die mittlere Ebene, also das zweitdunkelste Bild. Es ist unten links. Dazu verwenden wir das Verschiebewerkzeug. Wir halten die Steuerungstaste gedrückt, klicken mit dem Verschiebewerkzeug in das untere linke Bild und ziehen es auf das Hintergrundbild. Rechts sehen wir jetzt, daß die neue Ebene 1 entstanden ist.

Bild03

Jetzt gehen wir mit dem Verschiebewerkzeug in das linke obere Bild, es ist das hellste, und schieben es ebenfalls unter Drücken der Steuerungstaste über das rechte Bild. Rechts sehen wir jetzt, daß die Ebene 2 entstanden ist.

Bild04

 

Es liegen jetzt 3 Ebenen übereinander. Das dunkelste Bild mit der Belichtung 1/25s ist die Hintergrundebene. Darüber, Ebene 1 das Bild mit der Belichtung 1/6s und ganz oben, Ebene 2 das hellste Bild 1/1.6s.

Die beide linken Bilder können wir jetzt entfernen durch klicken auf das kleine Kreuz, rechts oberhalb der Bilder. Dann sieht unser Bildschirm so aus:

Bild05

Aus dem jetzt oben liegenden Bild (Ebene 2) werden die überbelichtete Bereiche mit Hilfe des Zauberstabs entfernt. Man stellt seine Intensität so ein, daß nur die hellen Bereiche isoliert werden. In diesem Fall wurde ein Wert von 60 gewählt. Man markiert die überbelichteten Bereiche, indem man mit dem Zauberstab in den hellsten Teil klicken. Dann [Ebene], [Ebenenmaske], [Alles Ausblenden] drücken um den markierten Bereich zu löschen.

Bild06

 

Jetzt erscheint an Stelle des mit dem Zauberstab herausgeschnittenen Bereichs der genau darunter liegende aus der Ebene 1.

 

Bild07

 

Jetzt, ganz wichtig, die mittlere Ebene 1, rechts im Fenster anklicken um sie zu aktivieren. Die Farbe wechselt von weiß nach blau. Mit dem Zauberstab den noch zu hellen Bereich anklicken. Die Intensität des Zauberstabs muß dabei verringert werden. In diesem Beispiel habe ich 15 gewählt. Wenn wir den isolierten Bereich, wie gerade beschrieben entfernen, wird der darunter liegende aus der Hintergrundebene sichtbar. Man sieht, das die fast weißen Anteile jetzt gelb geworden sind.

 

Bild08

Mit [Ebene] [Sichtbar auf eine Ebene reduzieren] fügen wir alle zu einer Ebene zusammen und haben jetzt das fertige Bild.

 

Bild09

 

Bild10

 

Wir sehen jetzt rechts, daß nach dem Zusammenführen nur noch eine Ebene vorhanden ist, die wir jetzt als Bild abspeichern können.

Und hier die bearbeitete Aufnahme.

 

03_Cumarin

Sie entspricht weitgehend dem Bild, daß man im Mikroskop sehen kann. Die Bezeichnung DRI (Dynamic Range Increase) ist etwas irreführend. Der Dynamikbereich der Aufnahme wurde ja nicht wirklich erhöht. Er beträgt weiterhin 8 Bit pro Farbkanal. Das hier beschriebene Verfahren kann man, wie schon erwähnt, mit jedem Bildbearbeitungsprogramm durchführen. Dabei können die einzelnen Schritte anders aussehen, das Prinzip ist aber immer gleich. Man kann das Verfahren in Photoshop Elements und in anderen Programmen auch automatisch ablaufen lassen. Dann hat man aber nicht die Kontrolle, die man bei der manuellen Bearbeitung hat. Das untere Photo ist ein „echtes“ HDR-Photo. Es wurde mit Photomatix Pro bearbeitet. Es wurden die gleichen Ausgangsfotos verwendet, allerdings im RAW-Format.

151219_0001hdi_blogAnd2more_Photographic

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle. Mit der Vorstellung von Photmatix Pro, werde ich das Thema HDRI im nächsten Blogbeirag fortsetzen.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.
H-D-S