Mikrokristalle aus Schmelzen von Stoffmischungen.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

viele chemische Substanzen bilden schöne Kristallformen aus Schmelzen heraus.

Manchmal ergeben sich überraschende Kristallformen, wenn man ein Stoffgemisch aufschmilzt. Auch wenn eine chemische Verbindung nicht thermostabil ist und nur unter Zersetzung schmilzt, kann es sinnvoll sein, sie gemeinsam mit einer anderen aufzuschmelzen um den Schmelzpunkt zu senken.

Fragen wir uns einmal was passiert, wenn man ein Zweistoffgemisch zum Schmelzen bringt und langsam wieder abkühlen läßt. Das folgende Phasendiagramm beschreibt diesen Vorgang. Es gilt für Zweistoffsysteme, bei denen beide Komponenten in der Schmelze vollkommen löslich und im festen Zustand vollkommen unlöslich sind. Letzteres bedeutet, daß sie keine Mischkristalle bilden können.

Phasendiagramm

Phasendiagramm

Stellen wir uns vor, wir haben eine Mischung aus 2 Komponenten, wir nennen sie A und B. Auf der waagerechten Achse des Phasendiagramms sind die prozentualen Anteile der Komponenten aufgetragen. Ganz links beginnt Stoff A mit 100% und endet ganz rechts mit 0%. Umgekehrt beginnt B ganz rechts mit 100% und endet ganz links mit 0%. An jeder Stelle der Achse addieren sich A+B zu 100%. Wir wollen annehmen, in unserer Mischung hat A den prozentualen Anteil A1.  Dann hat B den Anteil 100-A1.  A1 ist rot im Phasendiagramm eingezeichnet.

Auf der linken senkrechten Achse ist die Temperatur aufgetragen. Wir erwärmen unsere Mischung, bis sie vollkommen geschmolzen ist. Im Phasendiagramm befinden wir uns jetzt im oberen Bereich der Schmelze. Nun lassen wir die Schmelze langsam abkühlen. Wenn die Temperatur den Punkt T1 erreicht hat, stoßen wir auf die linke Liquiduslinie. Sobald diese Linie erreicht ist, beginnt die Kristallisation von Stoff A, meist in großen Kristallen. Bei weiterem Abkühlen erreichen wir die Temperatur Te und eine Linie, die Soliduslinie genannt wird. Ab dieser Temperatur kristallisiert der ganze Rest der Schmelze, der aus bis dahin noch nicht kristallisiertem Stoff A und dem gesamten Stoff B besteht. Die Kristalle des Gemenges aus A +B sind meist sehr feinkörnig, da die Kristallisation sehr schnell erfolgt. Auf der linken Liquiduslinie liegen somit die Temperaturen, bei denen, in Abhängigkeit von der Zusammensetzung der Stoffmischung, A aus der Schmelze zu kristallisieren beginnt. Das Gleiche gilt für Stoff B auf der rechten Liquiduslinie.

Wir sehen im Phasendiagramm, daß die zwei Liquiduslinien in einem Punkt (rot eingezeichnet) auf die Soliduslinie treffen. Zu diesem Punkt gehören die Konzentrationen Ae und Be. Dieser Punkt ist der  eutektische Punkt. Wählt man eine Mischung von A und B mit den Konzentrationen Ae und Be, so geht die gesamte Schmelze, wie man an dem Diagramm ablesen kann, bei der Temperatur Te schlagartig in ein feinkristallines Gemenge von A+B (Eutektikum genannt) über. Es kristallisiert vorher also keine der reinen Komponenten aus. Die Temperatur Te ist die niedrigste Erstarrungstemperatur die bei einem Gemisch von A und B möglich ist.

Wählt man in einer Mischung aus A und B die Konzentration von A größer Ae, bewegen wir uns auf der linken Liquiduslinie und es  wird aus der Schmelze immer zuerst A alleine auskristallisieren, und dann erst unterhalb Te der Rest von A mit dem gesamten B als feinkristallines Gemenge.

Wählt man das Mischungsverhältnis von A und B so, daß die Konzentration von A kleiner ist als Ae, bewegen wir uns auf der rechten Liquiduslinie, und es wird beim Abkühlen immer zuerst B auskristallisieren, auch wieder meist in großen Kristallen, bis auch hier die Temperatur  Te erreicht ist, dann kristallisieren A und der Rest von B als Gemenge in kleinen Kristallen.

Wo die linke Liquiduslinie auf die linke Temperaturachse trifft, liegt der Schmelzpunkt von A. Entsprechend liegt der Schmelzpunkt von B an dem Punkt, an dem die  rechte Liqiudusline auf die rechte Temperaturachse trifft.

Soweit die Theorie. Welche praktischen Schlüsse kann man für unsere Mikrokristalle ziehen? In aller Regel haben wir kein Phasendiagramm der Stoffe, die wir mischen wollen zur Hand. Aber wir wissen jetzt, daß bei einer Mischung, egal in welchem Verhältnis wir die Komponenten mischen, der Schmelzpunkt erniedrigt wird. Das kann hilfreich sein, wenn der Stoff von dem wir Kristalle aus der Schmelze erzeugen wollen, nicht thermostabil ist. Ferner sehen wir am Phasendiagramm, daß je nach Mischungsverhältnis, immer einer der Stoffe zuerst und in reiner Form  kristallisiert. Hier muß man mit den Mischungsverhältnissen etwas experimentieren wenn man will, daß ein bestimmter Stoff zuerst kristallisiert. Wichtig ist, daß man langsam abkühlt, weil sonst die Phasen zu schnell durchlaufen werden. Es wird meist auch besser sein, ein Mischungsverhältnis zu wählen, bei dem eine Komponente stark überwiegt.

Auf einem Objektträger wird man, langsames Abkühlen vorausgesetzt, bei Schmelzen aus 2 Komponenten neben meist schönen großen Kristallen feines Grieselzeug (Eutektikum) finden. Hier gleich ein Beispiel: Eine Mischung aus 20% Asparagin und 80% Harnstoff wurde auf einem Objektträger mit Deckglas aufgeschmolzen und langsam auf einer Herdplatte abgekühlt.

Schmelze aus 20% L-Asparagin und 80% Harnstoff

Schmelze aus 20% L-Asparagin und 80% Harnstoff

Ich möchte zwar nicht garantieren, daß die links sichtbaren feinkristallinen Anteile wirklich die Kristalle sind, die unterhalb der eutektischen Temperatur Te schlagartig kristallisiert sind, aber einiges spricht durchaus dafür.

Einen Nachteil hat das Arbeiten mit Mischungen. Reine Stoffe kristallisieren immer besser als verunreinigte. Der Kristallisationsvorgang wird durch Verunreinigungen immer gestört und das Mischen ist in diesem Sinne ja ein gezieltes „Verunreinigen“. Dennoch Experimentieren lohnt sich.

Hier zur Entspannung einige Aufnahmen, die alle aus einer Mischung von 20% L-Asparagin mit 80% Harnstoff entstanden sind. (Harnstoff ist nicht thermostabil und zersetzt sich beim Schmelzen).

 

20% L-Asparagin 80% Harnstaff

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

 

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

 

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

 

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

20% L-Asparagin 80% Harnstoff

Wer Freude an schönen Bildern von Mikrokristallen hat, sie aber selber nicht fotografieren will, dem empfehle ich meinen neuen Kalender für 2017, der seit dem ersten Juni im Handel ist.

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Titel: Surreale Farbwelten-Mikrokristalle

Autor: Dieter Schenckenberg

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Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.

Manchmal wirken Mikrokristalle auch im polarisierten Licht farblich nicht sehr beeindruckend. Da kann eine Verzögerungsfolie wahre Wunder wirken. Das wird das Thema meines nächsten Blogbeitrags sein.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit und erfolgreiche Experimente mit Stoffmischungen.

 

H-D-S

 

 

 

 

 

 

Zoomen mit der Spiegelreflexkamera an einem monokularen Mikroskop.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

wie kann man beim Fotografieren im polarisierten Licht, am Mikroskop mit einer Spiegelreflexkamera zoomen?

Moderne Kameras, egal welchen Typs, verfügen meist über Zoomobjektive, die häufig auch zur Festlegung des Bildausschnitts genutzt werden. Bei einer Spiegelreflexkamera, die über einen Adapter und ohne Kameraobjektiv mit dem Mikroskop verbunden ist, haben wir diese Möglichkeit nicht.

Gelegentlich verwendete man auch heute noch für Nahaufnahmen ein Balgengerät. Es ermöglicht die kontinuierliche Verlängerung der Bildweite und führt so zur Vergrößerung des Abbildungsmaßstabes. Dabei wird der Balgen  zwischen Kameragehäuse und Objektiv geschaltet. Er besitzt einen, wie bei einer Ziehharmonika gefalteten, lichtdichten  Lederbalg, der auf einem Einstellschlitten  laufend, verlängert oder verkürzt werden kann. Der Lederbalg wird eingeschlossen von der Objektiv- und Gehäusestandarte. Das sind Metallringe, bei dem die Gehäusestandarte fest auf dem Einstellschlitten sitzt während die Objektivstandarte auf dem Einstellschlitten vor und zurück bewegt werden kann und so das Ausziehen des Balgs ermöglicht.

Den gleichen Effekt wie bei Nahaufnahmen erzielen wir auch am Mikroskop, wenn der Balgen zwischen Kameragehäuse und Mikroskop-Okular geschaltet wird. Auch hier kann durch kontinuierliches Verlängern oder Verkürzen der Balgenlänge den Abbildungsmaßstab vergrössern oder verkleinern werden.

Wohl dem, der aus alten Zeiten ein solches Schätzchen noch besitzt. Und wenn nicht, bei eBay werden Balgengeräte günstig angeboten, insbesondere mit dem alten M42-Gewinde auf beiden Seiten. Gerade das M42-Gewinde ist für unsere Zwecke ideal. Kameraseitig benötigen wir dann noch einen T2-Ring. Diese Ringe gibt es für praktisch alle Spiegelreflexkameras. Sie besitzen kameraseitig das jeweils passende Kameragewinde und auf der anderen Seite ein M42-Gewinde.  Über den T2-Ring wird die Kamera mit dem Balgengerät an der Kamerastandarte verbunden. Die Verbindung zum Mikroskop ist flexibel! Das Gewicht von Kamera und Balgengerät wird von einem Stativ getragen.

Altes Mikroskop

Das hier gezeigte Instrument ist ein monokulares Mikroskop älterer Bauart mit einem drehbaren Polarisationsfilter unter dem Kondensor. Bei diesem Mikroskoptyp erfolgt das Scharfstellen nicht wie bei modernen Mikroskopen über das Verstellen des Mikroskoptisches. Hier wird der Okulartubus zum Scharfstellen rauf- und runtergefahren. Daher darf das schwere Kameragehäuse einer Spiegelreflexkamera zusammen mit dem Balgengerät keinesfalls fest mit dem Tubus verbunden sein! Das Gewicht von Kamera und Balgen würde den Tubus herunterdrücken und das Scharfstellen unmöglich machen. Um das zu verhindern, kann man folgende Anordnung wählen:

Über den Mikroskoptubus, in dem das Okular eingesteckt ist, einen Plastikschlauch stülpen, der ca. 5 mm über den Okularrand hinausragt. (Solche Schläuche gibt es in jedem Baumarkt).

Zusätzlich benötigen wir ein Polarisationsfilter vor dem Okular,das mit dem Balgen mikroskopseitig verbunden ist. Mit wenig Mühe können wir uns eine Anordnung zusammenbasteln: Auf einen M42-Zwischenring (ebay) klebt man ein lineares oder zirkulares Polarisationsfilter. Verwendet man Zirkular-Polarisationsfilter, muß man unbedingt auf die richtige Seite achten. Man legt das Zirkular-Polarisationsfilter testweise auf das Okular, schaut durch das Mikroskop, ohne Objekt, und verdreht das obere oder untere Filter. Dabei sollte der Lichtdurchgang gesperrt werden. Ist das nicht der Fall, Zirkularpolarisationsfilter umdrehen. Der abgebildete Adapter besitzt noch einen T2-Ring, der hier natürlich überflüssig ist.

Mikroskop-Adapter

Mikroskopadapter bestehend aus T2-Ring, Zwischenring und Polarisationsfilter

Den M42-Zwischenring mit dem aufgeklebten Polfilter mikroskopseitig an das Balgengerät schrauben. Jetzt benötigen wir noch ein Stativ. Ideal ist das Stativ eines alten Vergrößerungsapparates. Auch ein Reprostativ tut seinen Dienst. An beiden Stativtypen kann man eine angeschraubte Kamera durch Drehen des Stativrades rauf- und runterfahren. Wir setzen aber statt einer Kamera das Balgengerät an das Stativ an. Balgengeräte besitzen dafür normalerweise 2 Schraubgewinde. Eins befindet sich an der Montageplatte des Balgens, das andere an der objektivseitigen  Kamerastandarte. Wir verbinden die Montageplatte mit dem Stativ und setzt das Kameragehäuse über den T2-Ring an die Kamerastandarte des Balgen an. Löst man die Arretierschraube am Balgen, ist der Lederschlauch frei auf dem Einstellschlitten verschiebbar. Wir stellen nun das Mikroskop unter die ganze Apparatur und fahren vorsichtig den Balgen mit der aufgesetzten Kamera durch Drehen des Stativrads herunter, bis das Polfilter am unteren Teil des Balgens gerade auf dem Plastikschlauch aufliegt. Der Vorteil dieser Anordnung:

 

  • Beim Auslösen der Kamera werden kaum Schwingungen auf das Mikroskop übertragen.
  • Über das Betätigen des Stativrades kann der Balgen kontinuierlich verlängert oder verkürzt werden. Damit können wir den Abbildungsmaßstab verändern, wir zoomen!
  • Die leichte Verschiebung des Tubus beim Scharfstellen am Mikroskop, wird durch den Balgen ausgeglichen, solange die Arretierschraube am Balgen nicht festgestellt ist.

 

Die Bildbeobachtung kann entweder über LiveView, Kamerasucher oder am besten am Bildschirm mit Hilfe einer geeigneten Software wie Nikon Camera Control oder digiCam Control erfolgen.

Hier 2 Beispiele, die mit dem oben abgebildeten Mikroskop aufgenommen wurden.

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 0%

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 50%

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 100%

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 0%

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 50%

Mikrokristalle Harnstoff

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 100%

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.

Der nächste Blogbeitrag hat die Adaption eines Balgen-Geräts an ein trinokulares Mikroskop am Beispiel des Bresser Researcher Trino zum Thema.
Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

 

 

 

Harnstoff: Ein Wegbereiter der Organischen Chemie.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

heute wenden wir uns, im Titel ist es schon angesprochen, einer sehr bedeutenden Substanz der Organischen Chemie zu, dem Harnstoff.

Was macht ihn so bedeutend?  1828 tritt der Harnstoff also Wegbereiter der Organischen Chemie in die Geschichte der Chemie ein. Bis dahin war man der Auffassung, dass chemische Substanzen, die in der belebten Welt, also im Pflanzen- und Tierreich vorkommen, nicht vom Menschen synthetisch hergestellt werden können. Man glaubte, eine besondere „Lebenskraft“ sein dazu erforderlich. Aber 1828 gelang es dem deutschen Chemiker Friedrich Wöhler, aus den rein anorganischen Ausgangsstoffen Kaliumcyanat und Ammoniumsulfat,  Harnstoff zu erzeugen. Damit war es erstmals gelungen, eine Substanz der belebten Natur im Labor aus anorganischen Stoffen herzustellen. Das war eine Sensation, zumindest aus heutiger Sicht, denn damals war sich Wöhler der ganzen Tragweite seiner Arbeit wohl gar nicht voll bewusst. Aber die Organische Chemie trat ihren Siegeszug um die Welt an. Bis heute sind etwa 40 Millionen organische Substanzen bekannt, mehre Millionen davon wurden künstlich in Laboratorien hergestellt.

Und alles begann mit dem Harnstoff. Darum gleich mal ein Foto von dieser tollen Substanz:

Harnstoff

Harnstoff-Kristalle unter dem Mikroskop im polarisierten Licht.

Chemisch betrachtet ist Harnstoff das Diamid der Kohlensäure. Für den Nichtchemiker: Im Mineralwasser kennen wir die sprudelnde Kohlensäure. Wenn diese unter bestimmten Bedingungen mit Ammoniak (Salmiakgeist) chemisch reagiert, (150 Grad Celsius 100 ATM. Druck), erhalten wir Harnstoff.

Im menschlichen und tierischen Körper entsteht Harnstoff als Abbauprodukt von Proteinen (Eiweiss). Wir scheiden täglich etwa 30 Gramm Harnstoff über den Urin aus, daher auch der Name.

Die chemische Formel von Harnstoff:

Harnstoff

Harnstoff

Und wenn die Formel auch sehr unspektakulär ist, Harnstoff bildet sehr schöne Mikrokristalle unter dem Mikroskop im polarisierten Licht:

Harnstoff

Harnstoff-Kristalle unter dem Mikroskop im polarisierten Licht.

Und nun wird es ganz aktuell und etwas heikel.

Wir wenden uns dem Dieselmotor und damit auch dem VW-Skandal zu. Die Verbrennung des Dieseltreibstoffs in Dieselmotoren erfordert sehr viel höhere Temperaturen und Drücke, als die Verbrennung von Benzin in Otto-Motoren. Die Verbrennungsluft enthält bekanntlich neben Sauerstoff auch Stickstoff. Unter den Temperatur- und Druckbedingungen im Dieselmotor, reagiert Luftsauerstoff mit Luftstickstoff zu Stickoxiden, besser bekannt unter der Bezeichnung NOx. Diese Bezeichnung wurde gewählt, weil es verschiedene Stickstoff/Sauerstoff- Verbindungen gibt: So ist N2O  das bekannte Lachgas, das in der Zahnmedizin also Narkosemittel verwendet wird. NO2 ist eine besonders giftige Verbindung, die sich in der Lunge mit Wasser zu Salpetersäure umsetzt. Diese Säure ist extrem giftig. Besonderes tückisch an den Stickoxiden ist, daß sie nicht einmal sehr ätzend riechen. Man hält beim Einatmen nicht sofort die Luft an.

Aus den Abgasen der Dieselautos werden die Stickoxide entfernt, und das mit Hilfe des Harnstoffs. Harnstoff reagiert chemisch mit ihnen und macht sie unschädlich. Dieser Prozess klingt sehr einfach, ist in der Praxis aber kompliziert. So muss die Harnstoffmenge sehr exakt dosiert werden, was einen erheblichen technischen Aufwand erforderlich macht. Einfacher ist es, den ganzen Mechanismus einfach abzuschalten, in der Hoffnung, daß es keiner merkt.

Hier gleich noch ein Foto des vielseitigen Harnstoffs:

Harnstoff

Harnstoff-Kristalle unter dem Mikroskop im polarisierten Licht.

Harnstoff bekommt man normalerweise ohne Probleme in der Apotheke, besonders wenn man dem Apotheker sagt, was man damit vorhat. Die Substanz ist sehr gut in Wasser und Spiritus löslich und kristallisiert aus beiden Lösungsmitteln sehr gut.

Einfach ein paar Kristalle auf einen sauberen Objektträger geben, einen Tropfen dest. Wasser oder Spiritus oder eine Mischung beider Lösungsmittel 1:1 hinzugeben. Die Kristalle lösen sich sofort. An einem staubfreien Ort ohne Deckglas eintrocknen lassen. Man kann die Proben später mit einem Deckglas abdecken und vorsichtig auf einer Herdplatte aufschmelzen. Harnstoff schmilzt bei 133 Grad Celsius unter Zersetzung. Darum schnell wieder von der Herdplatte nehmen, wenn die Kristalle geschmolzen sind. Unter dem Mikroskop, im polarisierten Licht finden wir farbenprächtige Kristalle.Die folgende Aufnahme ist so entstanden:

Harnstoff

Harnstoff, kristallisiert aus einer Schmelze unter dem Mikroskop im polarisierten Licht.

Es ist doch bemerkenswert: Bei Mensch und Tier verlassen die Abbauprodukte der Proteine den Körper in Form von Harnstoff über den Urin. In Dieselmotoren eliminiert  Harnstoff schädliches NOx und sorgt für saubere Abgase. Auch in Kraftwerken hilft Harnstoff die Rauchgase von NOx zu befreien, und nicht zu vergessen, wir können auch wunderschöne Mikrofotos davon machen.

Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.

Im nächsten Blogbeitag wenden wir uns der Frage zu, ob man am Mikroskop beim fotografieren auch zoomen kann.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S

 

 

digiCamControl ein Steuerungsprogramm für Digitalcameras.

Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,

im letzten Blogbeitrag wurde eine Alternative zu Nikon Camera Control angekündigt. Hier ist sie: digiCamControl.

Diese Software ist ein Freeware-Programm und kann kostenlos aus dem Internet heruntergeladen werden. Der Download ist kein Testprogramm, es fallen also auch später keine Kosten an.

Hier aber eine Warnung: Ob man einem kostenlosen Programm vertrauen kann, ist kaum abzuschätzen. Es gibt bekanntlich Freeware-Programme, mit denen man sich unbemerkt zusätzlich Schadsoftware mit auf den Rechner lädt. Jeder muss somit selber entscheiden, ob er das Risiko eines kostenlosen Downloads eingehen will. Der Autor übernimmt ausdrücklich keinerlei Haftung für das Herunterladen und die Verwendung von digiCamControl.

digiCamControl lief auf dem Rechner des Autors ursprünglich auf einer 32-bit-Windows 7-Version, die später auf Windows 10 umgestellt wurde. digiCamControl läuft auf beiden Betriebssystemen tadellos. Die Software wurde besonders für Nikon- und Canon-Kameras geschrieben. Eine Liste kompatibler Kameras findet sich auf http://www.digicamcontrol.com

Vielleicht funktionieren aber auch andere Kamera-Modelle, man sollte es einfach ausprobieren. Das Programm macht einen sehr professionellen Eindruck. Über ein USB-Kabel wird die Kamera mit dem Rechner verbunden. Verwendet man eine kompatible Kamera, erkennt das Programm nach dem Start sofort den Kameratyp. Und schon kann es losgehen:

digiCamControl

Nikon D 610 und digiCamControl.

Das Scharfstellen am Mikroskop erfolgt über die Beobachtung des Bildes am Bildschirm. Sobald die Schärfe stimmt, wird durch einen Mausklick der Kameraverschluss ausgelöst. Mit der Kameraeinstellung A wird automatisch belichtet, man kann aber auch M wählen und manuell die Belichtung einstellen. Beide Einstellungen können am Rechner vorgenommen werden.

Belichtungsreihen, z.B. für HDR-Aufnahmen, sind ohne Problem möglich. Auch das Nikon RAW-Format wird akzeptiert. Die Bilder werden direkt auf die Festplatte des Rechners übertragen. Man kann sie sofort z.B. mit Nikon View überprüfen.

digiCamControl ist eine echte Alternative zu Nikon Camera Control Pro 2, unter Berücksichtigung des weiter oben ausgesprochenen Warnhinweises.

Hier einige Fotos, die unter Verwendung der Software aufgenommen wurden:

Hydrochinon

Hydrochinon mit digiCamControl aufgenommen.

 

Acetylsalicylsäure

Acetylsalicylsäure mit digiCamControl aufgenommen.

 

Harnstoff

Harnstoff mit digiCamControl aufgenommen.

Die letzte Aufnahme, liebe Freunde der Mikrokristalle, leitet über zu dem Thema des nächsten Blogbeitrags: Harnstoff.

Dieser interessante Stoff spielt eine wichtige Rolle bei der Entgiftung von Diesel-Abgasen. Ein hochaktuelles und interessantes Thema. Man sollte es nicht versäumen.

Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.

H-D-S