Hallo liebe Freunde der Mikrokristalle,
wie kann man beim Fotografieren im polarisierten Licht, am Mikroskop mit einer Spiegelreflexkamera zoomen?
Moderne Kameras, egal welchen Typs, verfügen meist über Zoomobjektive, die häufig auch zur Festlegung des Bildausschnitts genutzt werden. Bei einer Spiegelreflexkamera, die über einen Adapter und ohne Kameraobjektiv mit dem Mikroskop verbunden ist, haben wir diese Möglichkeit nicht.
Gelegentlich verwendete man auch heute noch für Nahaufnahmen ein Balgengerät. Es ermöglicht die kontinuierliche Verlängerung der Bildweite und führt so zur Vergrößerung des Abbildungsmaßstabes. Dabei wird der Balgen zwischen Kameragehäuse und Objektiv geschaltet. Er besitzt einen, wie bei einer Ziehharmonika gefalteten, lichtdichten Lederbalg, der auf einem Einstellschlitten laufend, verlängert oder verkürzt werden kann. Der Lederbalg wird eingeschlossen von der Objektiv- und Gehäusestandarte. Das sind Metallringe, bei dem die Gehäusestandarte fest auf dem Einstellschlitten sitzt während die Objektivstandarte auf dem Einstellschlitten vor und zurück bewegt werden kann und so das Ausziehen des Balgs ermöglicht.
Den gleichen Effekt wie bei Nahaufnahmen erzielen wir auch am Mikroskop, wenn der Balgen zwischen Kameragehäuse und Mikroskop-Okular geschaltet wird. Auch hier kann durch kontinuierliches Verlängern oder Verkürzen der Balgenlänge den Abbildungsmaßstab vergrössern oder verkleinern werden.
Wohl dem, der aus alten Zeiten ein solches Schätzchen noch besitzt. Und wenn nicht, bei eBay werden Balgengeräte günstig angeboten, insbesondere mit dem alten M42-Gewinde auf beiden Seiten. Gerade das M42-Gewinde ist für unsere Zwecke ideal. Kameraseitig benötigen wir dann noch einen T2-Ring. Diese Ringe gibt es für praktisch alle Spiegelreflexkameras. Sie besitzen kameraseitig das jeweils passende Kameragewinde und auf der anderen Seite ein M42-Gewinde. Über den T2-Ring wird die Kamera mit dem Balgengerät an der Kamerastandarte verbunden. Die Verbindung zum Mikroskop ist flexibel! Das Gewicht von Kamera und Balgengerät wird von einem Stativ getragen.

Das hier gezeigte Instrument ist ein monokulares Mikroskop älterer Bauart mit einem drehbaren Polarisationsfilter unter dem Kondensor. Bei diesem Mikroskoptyp erfolgt das Scharfstellen nicht wie bei modernen Mikroskopen über das Verstellen des Mikroskoptisches. Hier wird der Okulartubus zum Scharfstellen rauf- und runtergefahren. Daher darf das schwere Kameragehäuse einer Spiegelreflexkamera zusammen mit dem Balgengerät keinesfalls fest mit dem Tubus verbunden sein! Das Gewicht von Kamera und Balgen würde den Tubus herunterdrücken und das Scharfstellen unmöglich machen. Um das zu verhindern, kann man folgende Anordnung wählen:
Über den Mikroskoptubus, in dem das Okular eingesteckt ist, einen Plastikschlauch stülpen, der ca. 5 mm über den Okularrand hinausragt. (Solche Schläuche gibt es in jedem Baumarkt).
Zusätzlich benötigen wir ein Polarisationsfilter vor dem Okular,das mit dem Balgen mikroskopseitig verbunden ist. Mit wenig Mühe können wir uns eine Anordnung zusammenbasteln: Auf einen M42-Zwischenring (ebay) klebt man ein lineares oder zirkulares Polarisationsfilter. Verwendet man Zirkular-Polarisationsfilter, muß man unbedingt auf die richtige Seite achten. Man legt das Zirkular-Polarisationsfilter testweise auf das Okular, schaut durch das Mikroskop, ohne Objekt, und verdreht das obere oder untere Filter. Dabei sollte der Lichtdurchgang gesperrt werden. Ist das nicht der Fall, Zirkularpolarisationsfilter umdrehen. Der abgebildete Adapter besitzt noch einen T2-Ring, der hier natürlich überflüssig ist.

Mikroskopadapter bestehend aus T2-Ring, Zwischenring und Polarisationsfilter
Den M42-Zwischenring mit dem aufgeklebten Polfilter mikroskopseitig an das Balgengerät schrauben. Jetzt benötigen wir noch ein Stativ. Ideal ist das Stativ eines alten Vergrößerungsapparates. Auch ein Reprostativ tut seinen Dienst. An beiden Stativtypen kann man eine angeschraubte Kamera durch Drehen des Stativrades rauf- und runterfahren. Wir setzen aber statt einer Kamera das Balgengerät an das Stativ an. Balgengeräte besitzen dafür normalerweise 2 Schraubgewinde. Eins befindet sich an der Montageplatte des Balgens, das andere an der objektivseitigen Kamerastandarte. Wir verbinden die Montageplatte mit dem Stativ und setzt das Kameragehäuse über den T2-Ring an die Kamerastandarte des Balgen an. Löst man die Arretierschraube am Balgen, ist der Lederschlauch frei auf dem Einstellschlitten verschiebbar. Wir stellen nun das Mikroskop unter die ganze Apparatur und fahren vorsichtig den Balgen mit der aufgesetzten Kamera durch Drehen des Stativrads herunter, bis das Polfilter am unteren Teil des Balgens gerade auf dem Plastikschlauch aufliegt. Der Vorteil dieser Anordnung:
- Beim Auslösen der Kamera werden kaum Schwingungen auf das Mikroskop übertragen.
- Über das Betätigen des Stativrades kann der Balgen kontinuierlich verlängert oder verkürzt werden. Damit können wir den Abbildungsmaßstab verändern, wir zoomen!
- Die leichte Verschiebung des Tubus beim Scharfstellen am Mikroskop, wird durch den Balgen ausgeglichen, solange die Arretierschraube am Balgen nicht festgestellt ist.
Die Bildbeobachtung kann entweder über LiveView, Kamerasucher oder am besten am Bildschirm mit Hilfe einer geeigneten Software wie Nikon Camera Control oder digiCam Control erfolgen.
Hier 2 Beispiele, die mit dem oben abgebildeten Mikroskop aufgenommen wurden.

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 0%

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 50%

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 4x
Balgenauszug 100%

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 0%

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 50%

Mikrokristalle von Harnstoff im polarisierten Licht.
Okular 10x, Objektiv 10x
Balgenauszug 100%
Soviel für heute, liebe Freunde der Mikrokristalle.
Der nächste Blogbeitrag hat die Adaption eines Balgen-Geräts an ein trinokulares Mikroskop am Beispiel des Bresser Researcher Trino zum Thema.
Bis dahin wünsche ich eine gute Zeit.
H-D-S